Katsch: Aufarbeitung von Missbrauch noch lange nicht beendet

Der Gewaltgeschichte stellen

Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche in Deutschland ist nach Ansicht von Matthias Katsch noch lange nicht beendet. Es brauche eine "Aufarbeitung durch Experten, die alle Akten lesen und Zeugen befragen dürfen".

Symbolbild Missbrauch: Teddybär in einer Kirchenbank / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Missbrauch: Teddybär in einer Kirchenbank / © Harald Oppitz ( KNA )

Das sagte der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" dem "Spiegel" (Samstag). Er hoffe, so Katsch, dass es bald dazu komme. Er fügte hinzu: "Eine staatliche Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission zur Kirche konnten wir leider nicht durchsetzen".

Was Hilfe, Unterstützung, Beratung und Entschädigung angehe, sei "wenig bis nichts passiert", kritisierte Katsch. "Keiner hat bisher einen Euro Entschädigung bekommen. Es gab Anerkennungszahlungen von maximal 5.000 Euro pro Person. Wir warten auf die Antwort der Bischöfe auf unsere Vorschläge für eine faire Entschädigung in Höhe von bis zu 400.000 Euro pro Person. Die Bistümer und Orden sollten dafür in einen Fonds einzahlen. Es sollte möglich sein, dafür auch Kirchensteuermittel einzusetzen."

Der Gewaltgeschichte stellen

Katsch ist einer von drei ehemaligen Schülern des Jesuitengymnasiums "Canisius-Kolleg", die vor zehn Jahren den damaligen Rektor Klaus Mertes aufsuchten, um Missbrauch durch zwei Patres der Schule anzuzeigen. Mertes wandte sich daraufhin in einem Brief an alle Schüler, die das Kolleg in den 1970er- und 1980er-Jahren besucht hatten. Dies löste eine bundesweite Debatte über sexuellen Missbrauch aus und führte zur Aufdeckung weiterer Fälle auch in nichtkirchlichen Einrichtungen.

Nach wie vor fehle es am Canisius-Kolleg wie an den anderen Jesuitenschulen an einer unabhängigen wissenschaftlichen Aufarbeitung, beklagte Katsch. Den Opfern gehe es darum, dass sich die Einrichtungen und der Orden ihrer Gewaltgeschichte stellten. Defizite gebe es auch an anderer Stelle. "Weder strafrechtlich noch kirchenrechtlich wurde bisher ein Vorgesetzter verurteilt, der vertuscht und verheimlicht."

Möglichkeit der Erneuerung

Er nehme dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und dem Missbrauchsbeauftragten der Bischöfe, dem Trierer Bischof Stephan Ackermann, ihre persönliche Betroffenheit ab, betonte Katsch und fügte mit Blick auf Ackermann hinzu: "Ich habe aber nicht den Eindruck, dass seine Mitbrüder ihn ausreichend bei seiner Arbeit unterstützen."

Die Kirche müsse hinterfragen, "ob diejenigen, die für dieses systematische Verheimlichen verantwortlich sind, jetzt weitermachen können", sagte Katsch. "Chilenische Bischöfe haben kollektiv ihren Rücktritt angeboten und dem Papst die Entscheidung über ihre Zukunft überlassen. Das wäre auch eine Möglichkeit der Erneuerung bei uns."


Matthias Katsch / © Stephanie Pilick (dpa)
Matthias Katsch / © Stephanie Pilick ( dpa )
Quelle:
KNA