Erzbistum Hamburg stellt Studie zu Missbrauchsaufarbeitung vor

Besonders viele Fälle sexuellen Missbrauchs in Mecklenburg

Mit einer Studie zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch will das Erzbistum Hamburg die Fälle aufklären und so den Betroffenen helfen. Ziel sei es auch, in Zukunft Missbrauchsfälle zu vermeiden.

Besonders viele Missbrauchsfälle im Landesteil Mecklenburg / © 271 EAK MOTO (shutterstock)
Besonders viele Missbrauchsfälle im Landesteil Mecklenburg / © 271 EAK MOTO ( shutterstock )

Mit einer Auftaktveranstaltung in Neubrandenburg hat das katholische Erzbistum Hamburg am gestrigen Montagabend eine Studie zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Landesteil Mecklenburg vorgestellt. Die Studie unter Leitung der Professorin für forensische Psychiatrie an der Universität Ulm, Manuela Dudeck, ist auf zwei Jahre angelegt.

Im Erzbistum Hamburg war der Landesteil Mecklenburg besonders von sexuellem Missbrauch betroffen. Von 33 bekannten Missbrauchstätern und 103 geschädigten Kindern und Jugendlichen auf dem Gebiet des Erzbistums Hamburg zwischen 1945 und 1970 lebten 17 beschuldigte Priester und 54 Opfer in Mecklenburg.

Aufklären und Betroffenen helfen

"Die Studie soll bewirken, dass Licht in dieses Kapitel kommt und dass die Dinge, die geschehen sind, aufgedeckt werden", sagte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße; denn nur bei Aufklärung könne man den Betroffenen helfen. Zudem solle die Kirche so lernen, was sie künftig anders machen müsse, um Missbrauchsfälle zu vermeiden.

Als Material stehen den Forschern unter anderem die Personalakten der Priester, Stasi-Akten oder die Nachlässe der Bischöfe zur Verfügung. "Wir sind natürlich jederzeit für Betroffene ansprechbar", so die Leiterin Manuela Dudeck. Finanziert wird die Studie vom Erzbistum Hamburg; dass sie unabhängig sei, garantiere die Rechtsabteilung der Uni Ulm.

Wie wirkte sich Missbrauch aus?

Manuela Dudecks Mitarbeiterin Judith Streb erklärte, es gehe um eine qualitative Untersuchung der Taten, des Umfelds und die Reaktionen Dritter. Die Forscher wollen demnach auch erfahren, welchen Einfluss der Missbrauch auf den weiteren Lebensweg der Betroffenen hatte, welche Unterstützung sie erfuhren und welche Erwartungen sie an die katholische Kirche haben.

An der Auftaktveranstaltung nahm auch der gebürtige Rostocker Andreas T. teil. Er wollte ursprünglich katholischer Priester werden. Vor den rund 100 Besuchern der Veranstaltung berichtete er ausführlich, wie er als Jugendlicher und später als Student immer wieder sexuelle Übergriffe durch einen katholischen Pfarrer habe erleben müssen.

Erst Vertrauen missbraucht

Zunächst sei der Priester "wie ein großer, kluger Freund" gewesen, mit dem er "über alles sprechen konnte". Dann aber sei der Tag gekommen, an dem der Kaplan ihn umarmt und zu intimen Berührungen genötigt habe. Die folgenden Jahre voller Übergriffe habe T. nur ertragen, weil er Priester habe werden wollen. Am Ende habe er sein Theologiestudium abgebrochen.

T. berichtete weiter, alle Kirchenvertreter, denen er sich anvertraut habe, hätten am Ende mehr dem Priester als ihm selbst geglaubt. Auch der damalige Berliner Weihbischof Heinrich Theissing (1917-1988) habe ihm als Theologiestudent nicht geglaubt und ihn sogar zu einem Praktikum in die Gemeinde seines Missbrauchstäters geschickt.


Quelle:
KNA
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