Kardinal Marx: Missbrauchsskandal hat mich verändert

"Ein Riesenschock"

Der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx hat sich nach eigenen Worten durch den vor bald zehn Jahren aufgedeckten Missbrauchsskandal in der Kirche verändert. Für die Zukunft der Priesterausbildung wünscht er sich eine stenge Auswahl und eine gute Begleitung.

Der Missbrauchsskandal war ein Schock für die Kirche / © Harald Oppitz (KNA)
Der Missbrauchsskandal war ein Schock für die Kirche / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Skandal sei "ein Riesenschock" für ihn gewesen und habe auch seinen Glauben verändert, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Diese "Diskrepanz von Schein und Sein" habe ihn "zutiefst verstört".

Marx bekannte sich ausdrücklich zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Missbrauchs und zum geplanten Reformdialog des "synodalen Wegs". Missbrauch werfe Fragen nach der priesterlichen Lebensform, Machtmissbrauch, der Auswahl und Ausbildung von Priestern und der Beteiligung von Frauen auf, unterstrich er. "Wir haben alle gemeinsam beschlossen, dass wir die Ergebnisse der Missbrauchsstudie als Arbeitsaufgabe annehmen und den Konsequenzen im Dialog nachgehen", so der Kardinal. "Das war eine heftige Debatte, aber ein klarer Beschluss."

Mit Blick auf die Beteiligung der katholischen Laien und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sagte Marx, bei Beschlüssen des "synodalen Wegs" habe jeder das gleiche Stimmrecht. Allerdings sei für das Zustandekommen "ein bestimmtes Quorum bischöflicher Zustimmung erforderlich". Die Bischöfe hätten eine besondere Verantwortung, wenn es um die Umsetzung in den Bistümern gehe. Die katholische Kirche orientiere sich "in besonderer Weise an der besonderen Verantwortung der Bischöfe als den Nachfolgern der Apostel", fügte er hinzu. Das sei auch für das Zentralkomitee selbstverständlich.

Forderung nach strengen Anforderungen bei Priesterauswahl

Zudem spricht sich Kardinal Marx für strenge Anforderungen an die Auswahl künftiger Priester und bessere Angebote zur Begleitung und Fortbildung von Geistlichen aus. Er werde sich für ein verpflichtendes Monitoring-System in allen Bistümern einsetzen, sagte er. Damit solle etwa alle drei Jahre die Arbeit in der Missbrauchsvorbeugung und Aus- und -fortbildung von einem unabhängigen Institut begutachtet werden. Es könne nicht sein, dass in der Priesterausbildung jedes Bistum für sich allein agiere.

"Wir müssen uns fragen, ob wir alles tun, um falsche auszuschließen und gute junge Männer für den Priesterberuf zu begeistern", sagte Marx mit Blick auf den Missbrauchsskandal. Trotz Priestermangels und niedriger Weihezahlen dürften die Anforderungen nicht gesenkt, sondern müssten möglicherweise noch strenger werden.

Viele Ausgetretene wollen weiter Christen sein

Kardinal Marx stört sich daran, dass Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, automatisch nicht mehr als Christen gezählt werden. "Vielen passt etwas an der Kirche nicht, aber sie wollen weiter Christen sein", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Die Kirche müsse lernen, als Glaubens- und Überzeugungsgemeinschaft in einer immer vielfältigeren Gesellschaft mit ganz unterschiedlichen Lebensstilen und Programmen präsent zu sein, so Marx. Früher seien Glaube und Kirche nicht hinterfragt worden. "Heute müssen wir die Menschen davon überzeugen, dass der Glaube ein Zugewinn im Leben ist, eine Kraftquelle. Und ich bin froh darüber."


Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA