Jesuit Zollner sieht durch Anti-Missbrauchsgipfel Lawine losgetreten

Gipfel bringt was ins Rollen

Ende Februar hatten sich die Leiter der Bischofskonferenzen aus der ganzen Welt zum Anti-Missbrauchsgipfel in Rom getroffen. Der Jesuit Hans Zollner sieht eine Wirkung im Bewusstsein der Bischöfe, fordert aber auch eine Rechenschaftspflicht.

Blick in die Synodenaula während des Anti-Missbrauchsgipfels (KNA)
Blick in die Synodenaula während des Anti-Missbrauchsgipfels / ( KNA )

Der Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan hat nach Ansicht des Jesuiten Hans Zollner die von ihm erhoffte Lawine ausgelöst. "Es ist, weltkirchlich gesehen, von einem niedrigen Niveau zu einem viel größeren Bewusstsein gekommen", sagte der Leiter des päpstlichen Kinderschutzzentrums am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Die Teilnehmer seien nach dem Gipfel mit dem Bewusstsein in ihre Länder zurückgereist, dass sie in ihrem Bereich etwas tun und als Kirche ihren Auftrag erfüllen müssten.

Der 52 Jahre alte Theologe und Psychologe sprach von konkreten Maßnahmen, die das Treffen der Spitzen der Bischofskonferenzen ergeben habe. Dazu gehöre die Überarbeitung der Leitlinien für alle kirchlichen Bereiche, einschließlich Schulen und Krankenhäuser. Zum anderen seien Schulungen für alle Mitarbeiter vom Priesteranwärter über die Erzieherin bis zum Theologiestudenten vorgesehen. Zollner verwies auf Äußerungen von Papst Franziskus, der eine Null-Toleranz-Grenze der Kirche bei Missbrauchs-Fällen von Priestern verlange.

Rechenschaftspflicht für Bischöfe

Zollner hat die Kirche zudem zu noch mehr Transparenz im Umgang mit den Missbrauchsfällen durch Geistliche aufgefordert. Es brauche dringend eine geregelte Rechenschaftspflicht für Bischöfe, sagte der 52-Jährige am Dienstagabend auf einem Akademieabend im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen. Derzeit gebe es dafür in der Kirche keine wirklichen Strukturen. Der einzelne Ortsbischof sei lediglich dem Papst gegenüber rechenschaftspflichtig. Der aber könne seiner Aufsichtspflicht bei weltweit rund 5.100 Bischöfen gar nicht nachkommen.

Der Leiter des römische Kinderschutzzentrums Centre for Child Protection nannte es ein grundsätzliches Problem, dass im Vatikan Prozesse zu Missbrauchsfällen extrem lange dauerten. Auch gebe es keine Zwischeninformationen. Oft vergingen Jahre, bis ein Betroffener erfahre, was mit dem Täter geschehe. Opfer, Schule, Orden und Bistümer hätten aber ein Anrecht darauf, über den Fortgang eines Prozesses informiert zu werden.

Kontrolle des Systems von außen

Der Theologe und Psychologe forderte neue Gesetze für die Kirche. Die Kontrolle des Systems müsse an andere übergeben werden, die nicht zum System gehörten. Auch brauche es noch mehr Aufmerksamkeit für die Betroffenen und deren Anliegen. Die Kirche sollte "proaktiv" und nicht defensiv die Krise angehen. Konsequente Präventionsmaßnahmen sorgten nachweisbar für einen deutlichen Rückgang der Missbrauchsfälle, sagte Zollner auf der Veranstaltung der Akademie des Bistums Osnabrück. Sie stand unter dem Titel "Was jetzt Not tut - Wie mit dem Missbrauch in der katholischen Kirche umgehen?".

Zollner gilt als einer der führenden Fachleute bei der Prävention sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Er war maßgeblich an der Vorbereitung des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan beteiligt, der im Februar mit Bischöfen aus aller Welt stattfand.


Hans Zollner, Präsident des Zentrums für Kinderschutz (CCP) / © Francesco Pistilli (KNA)
Hans Zollner, Präsident des Zentrums für Kinderschutz (CCP) / © Francesco Pistilli ( KNA )
Quelle:
KNA