Verfahrensbeginn gegen Journalisten im Fall von Kardinal Pell

Medienvertreter auf der Anklagebank

Nun beschäftigt die Berichterstattung über den Fall Pell die Justiz: In Australien hat ein Verfahren gegen Dutzende Verlage, Redakteure und Reporter wegen ihrer Veröffentlichungen im Missbrauchsverfahren gegen Kardinal George Pell begonnen.

Kardinal George Pell umringt von Medienvertretern / © Daniel Pockett/AAP (dpa)
Kardinal George Pell umringt von Medienvertretern / © Daniel Pockett/AAP ( dpa )

Den Medienvertretern wird vorgeworfen, gegen das in diesem Zusammenhang gerichtlich verfügte umfassende Berichterstattungsverbot verstoßen zu haben. Unter den Angeklagten sind Redakteure der Tageszeitungen "The Age", "Herald Sun" und "The Sydney Morning Herald" sowie Moderatoren von Radio- und Fernsehsendern.

Verstoß gegen Berichterstattungsverbot

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft griffen die Beschuldigten mit ihrer Berichterstattung in das Verfahren gegen Pell ein und trugen dazu bei, dass ausländische Medien das Berichterstattungsverbot missachteten. Dadurch seien das Gericht und das Verfahren "skandalisiert" worden. Ein Rechtsbeistand der Angeklagten wies die Anschuldigungen zurück.

Im australischen Recht lasse sich kein Präzedenzfall dieser Art finden, den Straftatbestand der "Skandalisierung" gebe es nicht. Darüber hinaus seien sämtliche Anklagepunkte nur vage formuliert. Dem stimmte der zuständige Richter John Dixon bereits zu, wie "The Age" meldete. Zudem habe Dixon angedeutet, den Prozess möglicherweise in mehrere Einzelverfahren aufzutrennen.

Das Verfahren gegen Kardinal Pell, den früheren Finanzchef des Vatikan, wegen Missbrauch zweier Minderjähriger war im August eröffnet worden. Am 13. März wurde er zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Pell (77) hat Berufung eingelegt. Dieses Verfahren soll im Juni beginnen.

Schutz vor öffentlicher Beeinflussung

Das Gericht hatte ein Berichterstattungsverbot verhängt und dies mit dem Schutz des Richters und der Geschworenen vor öffentlicher Beeinflussung begründet. Der Erlass galt "für alle Bundesstaaten und Territorien in Australien sowie für alle in Australien zugänglichen Webseiten oder andere elektronische (Medien) oder Sendeformate". Das Verbot bezog sich ausdrücklich auch auf Berichte über das Verbot selbst.

Die sogenannte Nachrichtensperre wurde im Februar aufgehoben, nachdem ein geplanter zweiter Missbrauchsprozess gegen den Kardinal geplatzt war. Damit war der Weg frei für eine legale Berichterstattung über die Verkündung des Strafmaßes.

Die angeklagten Medien hatten trotz Verbots zuvor verklausuliert berichtet, dass Pell am 11. Dezember von einer Jury in fünf Fällen des sexuellen Missbrauchs von zwei männlichen Teenagern für schuldig befunden worden war.


Quelle:
KNA