Juristischer Erfolg für Missbrauchsopfer in Chile

Kardinal Ezzati beteuert weiter seine Unschuld

Im Missbrauchsskandal in Chile geht es nun um die juristischen Konsequenzen. Für die Kirche dürfte es teuer werden, wie ein Gerichtsurteil nun bereits andeutet. Kardinal Ezzati weist derweil alle Vertuschungsvorwürfe zurück.

Autor/in:
Tobias Käufer
Richterhammer / © Uli Deck (dpa)
Richterhammer / © Uli Deck ( dpa )

Am Wochenende nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des chilenischen Kardinals Ricardo Ezzati (77) an. Wenige Tage später zieht der gebürtige Italiener erstmals eine Bilanz des dunkelsten Kapitels seiner Zeit an der Spitze des Erzbistums Santiago: "Während meiner Amtszeit gab es keine Vertuschung", versichert Ezzati in einem am Mittwoch (Ortszeit) verbreiteten Interview des Senders "Cooperativa".

Damit ist die Verteidigungsstrategie des in die Schusslinie geratenen Ezzati klar. Alle ihm zu Ohren gekommenen Vorwürfe seien untersucht worden. Er wolle nicht ausschließen, dass es in anderen Bereichen Vertuschungsversuche gegeben habe. Von seiner Seite aus könne er aber sagen, dass alle Hinweise geprüft und etliche davon auch an den Vatikan weitergeleitet worden seien.

Ezzati: "Habe nicht vertuscht"

Er habe sicher Fehler gemacht, aber er habe nichts vertuscht, sagte Ezzati. "Jeden Morgen bitte ich zu Tagesbeginn um Vergebung für meine Fehler und am Abend noch einmal." Ob diese Fehler strafrechtlich relevant sind, muss die Staatsanwaltschaft und möglicherweise später auch ein Gericht entscheiden.

Erst zu Wochenbeginn hatte die chilenische Staatsanwaltschaft die Vorwürfe gegen Kardinal Ezzati konkretisiert. Wie Medien berichteten, wird gegen den Geistlichen wegen des Verdachts der Missbrauchsvertuschung in vier Fällen ermittelt. Dabei geht es den Angaben zufolge unter anderem um den Ex-Kanzler des Erzbistums Santiago. Ihm wird mehrfacher sexueller Missbrauch vorgeworfen.

Entschädigungsforderungen von Opfern rechtens

Unterdessen hat ein Gericht in Chile die Entschädigungsforderung von Opfern sexuellen Missbrauchs an das Erzbistum Santiago für rechtens erklärt. Nach dem einstimmigen Urteil vom Mittwoch muss die Kirche drei Klägern umgerechnet je 130.000 Euro zahlen. In chilenischen Medien war von einem historischen Urteil die Rede. Das Erzbistum Santiago teilte anschließend mit, man werde keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung ergreifen.

Geklagt hatten Juan Carlos Cruz, Jose Andres Murillo und James Hamilton, die als Wortführer der Opfer im Kampf um Aufklärung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche Chiles gelten. Sie waren als Minderjährige vom inzwischen verurteilten und aus dem Klerikerstand entlassenen Priester Fernando Karadima missbraucht worden.

Cruz begrüßte in einer ersten Reaktion das Urteil: "Vielen Dank an alle. Es handelt sich um ein historisches Ereignis, das vielen Betroffenen helfen wird, die Schreckliches durchmachen mussten", schrieb er auf Twitter. Dafür lohne es sich zu kämpfen.

Fahrlässigkeit im Verhalten der Kirchenleitung

Den Medienberichten zufolge erkannte das Gericht im Verhalten der Kirchenleitung eine Fahrlässigkeit, die den Grad einer strafbaren Vertuschung erreicht habe. Das Erzbistum Santiago bekundete die Hoffnung, der Richterspruch werde "dazu beitragen, den Schmerz der Opfer Karadimas zu heilen". Es sei ein "wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit und des Vertrauens" in die Kirche.

Inwiefern die Entscheidung Einfluss auf die laut "Cooperativa" für Donnerstag angesetzte Vernehmung von Kardinal Francisco Javier Errazuriz durch die Staatsanwaltschaft hat, ist unklar. Auch ihm wird Vertuschung vorgeworfen.

Erst am Samstag war Ezzati von der Leitung seines Erzbistums zurückgetreten. Opfer werfen ihm vor, während seiner fast neunjährigen Amtszeit übergriffige Priester geschützt und eine Aufklärung verhindert zu haben.

Für das Erzbistum Santiago ernannte Papst Franziskus zunächst einen Übergangsleiter, den Kapuziner und Bischof Celestino Aos. Er kündigte bei seinem Amtsantritt am Sonntag tiefgreifende Reformen an und rief die Gläubigen zu einer gemeinsamen Aufarbeitung auf.


Quelle:
KNA