Studie: Täter zeigen keine wirkliche Reue

Aufarbeiten im Kloster Ettal

Drei Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauch-Skandals im bayerischen Kloster Ettal liegt nun eine Studie zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Skandals vor. Eine wirkliche Reue der Täter stehe bis heute aus, heißt es darin.

 (DR)

"Institutionell unfähig"

Der Studie zufolge gab es in Kloster Ettal über "mindestens drei Jahrzehnte" eine Fülle gewalttätiger Übergriffe. Die von Ordensmännern verübten Taten hätten ansteckend gewirkt und auch zu Gewalt unter den Schülern geführt. Trotz klarer und wahrgenommener Hinweise auf sexuelle Missbrauchshandlungen einzelner Patres sei das Kloster "institutionell unfähig" gewesen, dieses Fehlverhalten abzustellen.

Als Gründe führt die Studie unter anderem ein elitäres Selbstverständnis an und Mängel in der internen Kommunikation. "Wir waren doch überrascht, wie einsam diese Mönche sind", sagte Straus.

Eine Rolle habe auch gespielt, dass "in der katholischen Welt eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Sexualität durch vielfältige Tabus erschwert" werde. In der Sozialisation der Mönche habe das Thema keine Rolle gespielt, "allenfalls wurde vor der Sexualität gewarnt» oder sie wurde «der angstbestimmten Selbstkontrolle überantwortet". Wo diese Kontrolle nicht funktionierte, «bot das Internat genügend Möglichkeiten, sich an Schülern zu vergehen».

Im Einvernehmen zwischen Abtei und Opferverein

Die rund 160 Seiten starken Untersuchung wurde am Donnerstagnachmittag nach zweijähriger Arbeit in München veröffentlicht. Sie war im Einvernehmen zwischen Abtei und Opferverein beim Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) in Auftrag gegeben worden. 

Die Forscher interviewten in den vergangenen zwei Jahren 41 ehemalige Internatsschüler, Angehörige und Ordensmänner. Das Kloster stellte umfassend Unterlagen zur Verfügung. "Uns wurde nichts vorenthalten", betonte IPP-Geschäftsführer Florian Straus. Sowohl der Opferverein als auch das Forschungsinstitut würdigten die Kooperationsbereitschaft der Abtei. Alle Beteiligten erklärten sich bereit, bei der Umsetzung der Erkenntnisse weiter zusammenzuarbeiten.

Geschädigte sollen vor Schülern sprechen

Als zentrale Herausforderung auch für die Zukunft bezeichneten die Forscher eine glaubwürdige Verständigung zwischen Kloster und Opfern.

Geschädigte sollten künftig im Unterricht der Klosterschule von ihren Erfahrungen erzählen, so eine Empfehlung. Vielen Opfern reichten keine kollektiven Erklärungen des Bedauerns. Sie vermissten persönliche Schuldeingeständnisse und Zeichen der Reue.

"Auch einige Patres, die selbst Schüler in Ettal waren, haben Misshandlungen von älteren Patres erfahren, mit denen sie jetzt in der Klostergemeinschaft leben", heißt es in der Studie weiter. Hier wäre ebenfalls ein Täter-Opfer-Ausgleich erforderlich. Mangels geständiger Täter sei bisher kein solches Gespräch geführt worden.

Abt: Studie ist kein Schlussstrich

Der Opfervereinsvorsitzende Robert Köhler sprach von einem "Meilenstein", der nun die Basis für weitere Maßnahmen zur Prävention und zur Erinnerung an die Geschehnisse sein könne. Abt Barnabas Bögle sagte, die Studie sei "kein Schlussstrich", sondern nur "ein weiterer wichtiger Schritt in der Aufarbeitung eines dunklen Kapitels unserer Geschichte". Weder die Zahlung von Entschädigungen noch die Übernahme von Therapiekosten könnten das entstandene Leid wiedergutmachen. Es blieben Narben, die weiter schmerzten. 

Die Missbrauchsfälle in Ettal wurden vor drei Jahren im Kontext vieler anderer Veröffentlichungen bekannt. Externe Juristen sammelten Opferberichte, in schwierigen Gesprächen gewann der Opferverein das Kloster für einen gemeinsamen Weg der Aufarbeitung, der nach Ansicht der IPP-Forscher für andere Institutionen vorbildlich sein kann.


Quelle:
KNA