Pfarrer wegen sexuellen Missbrauchs zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt

Systematisch ausgenutzt

Ein früherer katholischer Pfarrer aus Salzgitter ist wegen sexuellen Missbrauchs in 36 Fällen und schwerem sexuellen Missbrauchs in 214 Fällen zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Beim Prozess vor dem Landgericht Braunschweig hatte der 46-Jährige gestanden, sich zwischen 2004 und 2011 in 250 Fällen an drei Jungen vergangen zu haben. Der Vorsitzende Richter Manfred Teiwes sagte bei der Urteilsverkündung, der Angeklagte habe bei allen Kindern und Eltern seine Autorität als Pfarrer und sein besonderes Vertrauensverhältnis systematisch ausgenutzt.

 (DR)

Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden. Die Staatsanwältin sowie die beiden Nebenkläger, die die Eltern der drei Jungen vertreten, hatten auf sechseinhalb Jahre, der Verteidiger für eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren plädiert. Laut Gutachten ist der Angeklagte voll schuldfähig. Staatsanwältin Ute Lindemann sprach von einem angemessenen Urteil, mit dem Gerechtigkeit hergestellt worden sei. Allerdings machte sie eine Einschränkung: "So, wie sich der Angeklagte vor Gericht geriert hat, fehlt nach wie vor die echte, authentische Reue." Lindemann hätte sich gewünscht, dass er für sein Verhalten möglicherweise mit einem höheren Strafmaß belangt worden wäre. Die Anwältin zweier Opfer, Gabriele Krüger, zeigte sich zufrieden. "Im Sinne meiner Mandanten ist das Urteil absolut in Ordnung", sagte sie.



Bistum: Kirchenrechtliches Verfahren folgt

Gabriele Krüger, Vertreterin der Nebenklage, sagte auf Anfrage, sie werde nicht in Revision gehen. Das Urteil sei "in Ordnung". Der Sprecher des Bistums Hildesheim, Michael Lukas, sagte gegenüber KNA, nachdem die Missbrauchstaten nun seit einem halben Jahre juristisch aufgearbeitet worden seien, bleibe beim Bistum Entsetzen über das Geschehene. "Wir sind froh und erleichtert, dass das Urteil so schnell gefallen ist und er gestanden hat, so dass die Opfer vor Gericht nicht ausssagen mussten. Wir hoffen, dass das Strafmaß den Opfern hilft, über das, was geschehen ist, hinwegzukommen und einen neuen Weg im Leben zu finden", sagte Lukas. Den Mann erwarte überdies ein kirchenrechtliches Verfahren, an dessen Ende vermutlich die Entlassung aus dem priesterlichen Dienst stehen werde. Was mit dem mutmaßlich dann entlassenen Priester geschehen werde, sei noch zu entscheiden.



Leider habe der Geistliche seinen Status als Pfarrer offenbar schamlos ausgenutzt, so der Sprecher. Es ist noch nicht abzusehen, wie groß der Vertrauensverlust für die katholische Kirche im Bistum Hildesheim sei. Man werde hart daran arbeiten müssen, das durch den Angeklagten zerstörte Vertrauen wieder aufzubauen. Es sei der erste Fall im Bistum Hildesheim in dieser Dimension. Laut Diözese wurden seit 1940 im Bistum Hildesheim 25 Priester wegen sexuellen Missbrauchs überführt. Man gehe von 40 Opfern aus.



Präventionsbeauftragte soll Arbeit aufnehmen

Der frühere Pfarrer von Salzgitter-Lebenstedt wurde im Juli 2011 festgenommen und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Zugleich wurde er vom Bistum Hildesheim beurlaubt. Er hatte, zum Teil noch während seiner Zeit als Kaplan in Braunschweig, während des Kommunionunterrichts den Kontakt zu den Kindern gesucht. Als zusätzliche Maßnahme zur Vorbeugung sexuellen Missbrauchs werde die Diözese in den nächsten Wochen eine Präventionsbeauftragte einstellen, sagte Lukas.