Chronologie zum kirchlichen Missbrauchsskandal in Deutschland

Aus Fehlern gelernt

Wichtige Stationen in der Geschichte des Missbrauchsskandals, der die katholische Kirche in Deutschland seit Bekanntwerden der ersten Fälle Anfang 2010 beschäftigt.

 (DR)

Januar 2010: Der Leiter des Canisius-Kollegs der Jesuiten in Berlin, Pater Klaus Mertes, bringt die Aufdeckung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche ins Rollen. Die Bischöfe setzen eine Arbeitsgruppe ein, die eine interne Debatte über den Zustand der Kirche in Deutschland voranbringen soll.



22. Februar 2010: Die Bischöfe entschuldigen sich bei ihrer Vollversammlung in Freiburg wegen der Missbrauchsfälle. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird Sonderbeauftragter für Missbrauchsfälle. Eine Hotline für Missbrauchsopfer wird eingerichtet.



7. März 2010: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert einen Runden Tisch zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche. Die Kirche wehrt sich gegen Einseitigkeit und fordert die Einbeziehung anderer gesellschaftlicher Gruppen.



12. März 2010: Erzbischof Zollitsch unterrichtet in Rom den Papst über die Missbrauchsfälle. Benedikt XVI. reagiert mit großer Betroffenheit.



31. August 2010: Die Bischöfe verschärfen ihre "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch". Bei der umstrittenen Anzeigenpflicht gibt es einen Kompromiss zwischen Anzeigepflicht und Opferschutz: Erhärtet sich bei den Gesprächen zwischen potenziellen Opfern und den Missbrauchsbeauftragten der Verdacht auf sexuellen Missbrauch, so schreiben die Leitlinien das Einschalten der staatlichen Strafverfolgungsbehörden vor. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn das Opfer ausdrücklich auf einen solchen Schritt verzichten will.



20. September 2010: Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, schlägt bei der Vollversammlung in Fulda einen "breiten Reflektionsprozess" von Bischöfen, Priestern und Laien vor. Dabei solle es auch um das Bild des Priesters, den Umbruch in den Gemeinden, die Verantwortung der Laien, aber auch um die Sprache der Verkündigung und Fragen von Familie, Partnerschaft und Sexualität gehen.



23. September 2010: Die Bischöfe stellen ein Konzept zur Vorbeugung von sexuellem Missbrauch vor. Es sieht unter anderem vor, dass jedes der 27 Bistümer eine Stelle einrichtet, die sich um Präventionsfragen kümmert. Für haupt- und nebenamtliche Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit wird ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis gefordert, die Ehrenamtlichen sollen eine Selbstverpflichtungserklärung unterschreiben.



30. September 2010: Die Bischofskonferenz legt am Runden Tisch in Berlin ein Konzept zur Entschädigung der Opfer von sexuellem Missbrauch vor. Dazu gehört die Zahlung eines Geldbetrags, der als "finanzielle Anerkennung" des zugefügten Leids gelten soll. Darüber hinaus soll es Opfern ermöglicht werden, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zum dritten gibt es Regelungen für individuelle Härtefälle. Schließlich wollen die Bischöfe sich für einen "Präventionsfonds" stark machen.



2. März 2011: Die Bischofskonferenz nennt erstmals eine konkrete Summe von 5.000 Euro, die den Opfern als Anerkennung für ihr Leid ausgezahlt werden soll.



16. Mai 2011: Die vatikanische Glaubenskongregationen verpflichtet Bischofskonferenzen weltweit zur Erarbeitung von Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen. Schwerpunkte liegen auf der Zusammenarbeit mit staatlichen Justizbehörden, Hilfen für Opfer und Prävention.



8. Juli 2011: In Mannheim startet die Bischofskonferenz ihren Dialogprozess mit einer Konferenz unter der Überschrift "Im Heute glauben". Dazu kommen rund 300 Vertreter aus Diözesen, Orden, Hochschulen und Verbänden zusammen. Die bis 2015 angelegten Gespräche sollen der Kirche verloren gegangenes Vertrauen zurückbringen.



13. Juli 2011: Die deutschen Bischöfe wollen mit zwei Forschungsprojekten die wissenschaftliche Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche fortsetzen.



20. Juli 2011: Bei der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz haben sich bis zu diesem Zeitpunkt 580 Missbrauchsopfer gemeldet. In 560 Fällen befürwortete die Kommission eine Entschädigung und gab eine entsprechende Empfehlung an die Orden und Bistümer weiter. Bei einigen Anträgen überstieg die empfohlene Summe den Angaben zufolge die ursprüngliche Grenze von 5.000 Euro.



15. August 2011: Die Bischofskonferenz gibt bekannt, ihre Hotline für Missbrauchsopfer länger als geplant offen zuhalten. Die Nummer solle nicht im September abgeschaltet werden, sondern bis April 2012 weiterbestehen.



23. September 2011: Papst Benedikt XVI. trifft während seines offiziellen Deutschlandbesuchs im Erfurter Priesterseminar mit Missbrauchsopfern zusammen. Er spricht mit drei Männern und zwei Frauen. Von ihrer Not "bewegt und erschüttert", bekundet er ihnen sein "tiefes Mitgefühl und Bedauern".