Katholische Kirche begrüßt Abschlussbericht zu Missbrauch

"Kompatibel mit dem, was wir praktizieren"

Die katholische Kirche begrüßt die Ergebnisse des Abschlussberichts der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Christine Bergmann. So sei die Idee einer gemeinsamen Clearingstelle denkbar, sagte im Interview mit domradio.de Bischof Stefan Ackermann. Für den Runden Tisch wünscht sich der DBK-Missbrauchsbeauftragte konkretere Absprachen.

 (DR)

Ihr Anliegen machte Christine Bergmann zuvor mehr als deutlich: mehr Hilfen für die Opfer sexuellen Missbrauchs, und: "Das Thema ist mit meinem Abschlussbericht nicht erledigt". Das betonte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung am Dienstag (24.05.2011)  in Berlin besonders energisch.



Ein Jahr lang hat die ehemalige Bundesfamilienministerin mit einem Team von rund 60 Leuten versucht, Fälle von sexuellem Missbrauch aufzuarbeiten - Missbrauch in den Kirchen, Schulen und Sportvereinen und in der Familie. Ihr Abschlussbericht umfasst 300 Seiten, etwa die Hälfte davon nehmen die Empfehlungen für den Runden Tisch Missbrauch ein.



Rund 13.000 Briefe und 2.000 Anrufe von Betroffenen und ihren Angehörigen gingen bei der Beauftragten ein. Die Empfehlungen Bergmanns beruhen auf ihrer Auswertung und auf Befragungen von Psychotherapeuten und Beratungsstellen. Bis Ende Oktober wird Bergmann ihre Funktion als Beauftragte von wahrnehmen. So lange soll auch die telefonische Anlaufstelle erreichbar sein.



"Danach muss es weitergehen", forderte Bergmann. Der Runde Tisch müsse über ein Nachfolgeangebot entscheiden. Die SPD-Politikerin sprach sich für die Einrichtung einer unabhängigen Stelle aus, die die Umsetzung der Empfehlungen begleitet, sowie für eine zentrale Telefonhotline.



Empfehlungen zur finanziellen Entschädigung

Zurückhaltend sind die Empfehlungen zur finanziellen Entschädigung der Opfer. Opfer von bereits verjährten Fällen können nicht mit pauschalen Summen rechnen. Der Bund müsse einen "Topf" finanzieren, aus dem Therapien und Beratung für Opfer bezahlt werden könnten. Eine unabhängige Clearingstelle, die mit Experten besetzt sein soll, soll die Plausibilität der schriftlichen Anträge der Betroffenen prüfen und dann entscheiden, ob gezahlt wird.



"Keiner kann sagen, wieviel es sein wird", sagte Bergmann. Eine Therapie von 50 Stunden koste etwa 5.000 Euro. Mit dem Finanzminister habe sie noch nicht gesprochen, aber "ich gehe davon aus, dass diesen Empfehlungen gefolgt wird", sagte die Beauftragte der Bundesregierung.



Klare Vorstellungen formulierte sie auch für die Institutionen, also vor allem Kirchen und Schulen. Die Institutionen, in denen es Missbrauchsfälle gab, sollen auf Wunsch der Betroffenen einmalige Entschädigungen zahlen. Die Summen sollten sich an dem Schmerzensgeld orientieren, dass das Opfer auch vor Gericht hätte erzielen können. Auch die rückwirkende Übernahme von Therapiekosten sowie die Einrichtung einer internen Beschwerdemöglichkeit gehört zu den Empfehlungen für die Institutionen. Offenbar Abstand genommen hat Bergmann von der Idee, dass die Kirchen, Schulen und Sportvereine in einen gemeinsamen Fonds des Bundes und der Länder einzahlen.



Opfer, deren Fall noch nicht verjährt ist, werden auf den Rechtsweg verwiesen. Bergmann forderte allerdings, das Opferentschädigungsgesetz so zu ändern, dass mehr Betroffene als bisher darüber Heilbehandlungen oder Renten gezahlt bekommen.



Forderung nach einer dauerhaften Anlaufstelle

Die SPD unterstützte Bergmanns Forderung nach einer dauerhaften Anlaufstelle. Das sollte für eine menschliche Gesellschaft selbstverständlich sein, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Ziegler. Der Bedarf sei offensichtlich geworden.



Die kinderpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Diana Golze, forderte Länder und Kommunen auf, genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Jugendämter, Jugendeinrichtungen und Beratungsstellen dürften nicht dem kommunalen Sparzwang unterliegen.



Der Runde Tisch Missbrauch war im April 2010 von der Bundesregierung als Reaktion auf die zahlreichen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und in Internaten eingesetzt worden. Am 6.

Juni kommt das Gremium erneut zu einer Sitzung zusammen, bei der voraussichtlich die Entschädigungsfrage im Zentrum stehen wird. Zum Jahresende soll ein Abschlussbericht vorgelegt werden.

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