Papstermittler zur Lage von Irlands Kirche

Vor dem Zusammenbruch?

Der Gesandte des Papstes zur Überprüfung der Lage der Kirche in Irland zieht nach Informationen der irischen Presse eine verheerende erste Bilanz. Die katholische Kirche des Landes befindet sich demnach in Folge der Missbrauchskrise "am Rande des Zusammenbruchs". Die Kirche habe nur noch fünf bis zehn Jahre Zeit, um radikale Gegenmaßnahmen durchzuführen.

 (DR)

So heißt es laut Tageszeitung "Irish Independent" am Montag (14.02.2011) in einem Bericht von US-Kardinal Sean O"Malley an Benedikt XVI., der in den kommenden Monaten nach Rom übermittelt werde.



Das Blatt beruft sich auf ein Mitglied der Verbandsleitung der "Association of Catholic Priests" (Verband katholischer Priester), Tony Flannery. Dieser habe bei der Jahresversammlung der Laienorganisation "The People of God" (Gottes Volk) am Wochenende berichtet, O"Malley gebe der irischen Kirche nach eigenen Worten nur noch höchstens zehn Jahre, um eine Situation "wie in vielen anderen europäischen Ländern" zu vermeiden, wo Religion nur noch eine marginale Rolle spiele.



Flannery sagte, der Erzbischof von Boston O"Malley habe bei einem privaten Treffen mit dem Priesterverband empfohlen, die Kirche müsse unbedingt Laien und Frauen mehr Einfluss auf Entscheidungsprozesse geben.



Moralisch und finanziell hart getroffen

Der Missbrauchsskandal hatte die irische Kirche in mehreren Wellen moralisch und finanziell besonders hart getroffen. Entschädigungsforderungen brachten mehrere Orden und Diözesen an den Rand der Zahlungsfähigkeit; der Vatikan ordnete eine Untersuchung an.



Zuletzt protestierte die nationale Priestervereinigung vehement gegen eine Neuübersetzung des römischen Messbuches für den Gottesdienst. Die darin verwandte Sprache, die näher am lateinischen Original liegt, sei den Gläubigen nicht vermittelbar.



Papst-Brief vor bald einem Jahr

Mit einem Krisengipfel der Hauptakteure hatte im Oktober vergangenen Jahres der Vatikan die Weichen für die bevorstehenden Visitationen in der von Missbrauchsskandalen schwer erschütterten Kirche von Irland auf den Weg gebracht. Der Papst hat die Aufgabe vier erfahrenen Kirchenmännern anvertraut.



Vorbereitung für die Initiative leistete Benedikt XVI. mit seinem Brief vom 20. März desselben Jahres, mit dem er die Opfer sexuellen Missbrauchs durch katholische Geistliche "im Namen der Kirche" um Verzeihung bat. Der Papst bekundete darin Scham und Reue, äußerte sich "schockiert und verletzt" über die sündigen und kriminellen Handlungen durch Geistliche und rief die Täter zur Rechenschaft vor weltlichen und kirchlichen Gerichten. Deutlich hatte er damals auch "schwere Fehlurteile und Versagen" auf Seiten von Bischöfen eingeräumt.