Missbrauchsopfer fordern hohe Entschädigung von Jesuiten

Nicht einvernehmlich

Die Initiative «Eckiger Tisch» fordert vom Jesuitenorden 82.373 Euro Entschädigung für jedes Missbrauchsopfer. Die Geschädigten wollten keine symbolische, sondern eine tatsächliche Genugtuung für das, was ihnen vor Jahren angetan worden sei, sagte der Sprecher der Opferinitiative, Matthias Katsch, am Samstagabend. Das Treffen mit Verantwortlichen des Ordens konnte nicht einvernehmlich beendet werden.

 (DR)

Die gegen den Orden vorgebrachten Anschuldigungen lösten die seit Januar anhaltende Missbrauchsdebatte in Deutschland aus. Die Initiative "Eckiger Tisch" vertritt Opfer sexuellen Missbrauchs an den deutschen Schulen des Jesuitenordens. Bis Juli hatten sich 205 ehemalige Schüler aus den 70er und 80er Jahren gemeldet.



Katsch äußerte sich nach einem Treffen mit Vertretern des Jesuitenordens. Die genannte Summe sei ein Durchschnitt der in den vergangenen Jahren durch Gerichte festgesetzten "Schmerzensgelder für Schäden der Seele", so Katsch. Provinzial Stefan Kiechle, der Rektor des Canisius-Kollegs Klaus Mertes und der Leiter des Kollegs Sankt Blasien Johannes Siebner hatten mehrere Stunden mit Missbrauchsopfern gesprochen. Moderiert wurde die Diskussion von der früheren Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, die im Juli ein Sondergutachten über die Missbrauchsfälle in den Jesuiten-Einrichtungen vorgelegt hatte. Das Gespräch habe in "sehr ernster Atmosphäre" stattgefunden, und die Beteiligten seien nicht in "good terms" (nicht einvernehmlich) auseinandergegangen, berichtete Katsch. Ob es nach diesem zweiten Treffen und einem ersten im Mai ein weiteres geben werde, sei unklar.



Der Sprecher der Opfer bezeichnete die Summe, die Kiechle am Mittwoch in einem Zeitungsinterview genannt hatte, als zynisch. Kiechle hatte von einem "eher vierstelligen" Entschädigungsbetrag gesprochen. Katsch warf dem Orden vor, durch die jahrelange Vertuschung ein zweites Verbrechen an den Opfern begangen zu haben.



Geld könne ihre verlorene Zeit zwar nicht zurückbringen und Zerstörtes nicht wieder heil machen; viele Opfer seien in ihrer psychischen Entwicklung massiv und dauerhaft geschädigt. Eine deutliche und für die Institutionen auch schmerzhafte Zahlung würde diese Leiden aber anerkennen, so der Sprecher. Da die Jesuiten erklärt hätten, die von den Opfern geforderte Summe nicht allein aufbringen zu können, wolle sich die Initiative nun an die Deutsche Bischofskonferenz wenden und auf ein Gespräch noch während ihrer Herbstvollversammlung drängen. Diese beginnt am Dienstag in Fulda.