Erzbistum weist Vertuschungsvorwürfe gegen Zollitsch zurück

"Weder neu noch gerechtfertigt"

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Zollitsch hat Fehler im Umgang mit sexuellem Missbrauch eingeräumt. Im konkreten Fall ging es um einen Priester, der in Oberharmersbach Kinder und Jugendliche missbraucht haben soll. Von Vertuschung könne jedoch laut Bistumsangaben keine Rede sein.

 (DR)

Das Erzbistum Freiburg weist erneute Vertuschungsvorwürfe von «Report Mainz» gegen Erzbischof Robert Zollitsch entschieden zurück. «Diese Vorwürfe sind weder neu noch gerechtfertigt», erklärte der Sprecher des Erzbistums, Robert Eberle, am Sonntag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es geht dabei um Missbrauchsfälle im Schwarzwalddorf Oberharmersbach aus der Zeit, als Zollitsch Personalreferent im Erzbistum war.

Wie der SWR am Sonntag vorab mitteilte, will das ARD-Politikmagazin am Montagabend unter anderem zwei von Zollitsch unterschriebene Briefe präsentieren, die belegen sollen, dass er nicht genügend dazu beigetragen habe, die Fälle konsequent aufzuklären und die betroffenen Gemeinden entsprechend zu informieren.

"Man wollte einen Skandal verhindern"
Nach Recherchen des SWR-Politmagazins wusste Zollitsch bereits 1992 detailliert von mindestens einem Missbrauchsfall. Ein heute noch aktiver Pfarrer habe ihn informiert, berichtete der SWR. «Ich denke, es wurde vertuscht, schlicht und einfach», sagte der Pfarrer, dessen Neffe unter den Opfern war. «Man wollte einen Skandal verhindern auf dem Rücken der Schwächsten.»

Mehrfaches öffentliches Bedauern
Zollitsch habe sich bereits mehrfach zu diesem Fall geäußert und immer wieder deutlich gemacht, «dass es den damals Verantwortlichen nicht darum ging, etwas zu vertuschen», betonte dagegen sein Sprecher Eberle. Diese hätten versucht, den Schaden zu begrenzen und sexuellen Missbrauch zu verhindern. Deshalb habe Zollitsch Opfer und ihre Angehörigen - auch in einem persönlichen Gespräch - um Verzeihung gebeten.

Zudem habe der Erzbischof ebenfalls mehrfach öffentlich bedauert, dass die Verantwortlichen im Ordinariat Freiburg damals nicht konsequenter vorgegangen sind. Eberle verwies dabei auch auf ein am Sonntag erschienenes Interview der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Darin hatte Zollitsch, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, unter anderem wörtlich gesagt:
«Heute wissen wir es besser. Wir haben dazugelernt».

Von falschen Überlegungen ausgegangen
Die Missbrauchsfälle von Oberharmersbach «liegen mir bis heute schwer auf der Seele», räumte Zollitsch in dem Interview außerdem ein. Wie tief die Wunden seien, die der Pfarrer den Opfern und ihren Familien vor Jahrzehnten zugefügt habe, sei ihm kürzlich bei einem Gespräch mit Betroffenen noch einmal mehr deutlich geworden. «Unsere damals getroffenen Entscheidungen sehe ich sehr selbstkritisch!», betonte der Erzbischof. Zudem sagte er wörtlich: «Wir gingen damals von - nach heutiger Sicht - falschen Überlegungen aus.»

Der beschuldigte Pfarrer wirkte von 1968 bis 1991 im rund 70 Kilometer von Freiburg entfernten Schwarzwalddorf Oberharmersbach und missbrauchte in der Zeit zahlreiche Kinder. Nach ersten Gerüchten darüber wurde der Pfarrer, der auch an schweren gesundheitlichen Problemen litt, 1991 vorzeitig in den Ruhestand versetzt. 1995 nahm er sich das Leben. Zuvor war er -nachdem sich eine Opfer-Hilfsorganisation und ein weiteres Opfer gemeldet hatten - erneut mit den Vorwürfen konfrontiert worden. Das Erzbistum hatte ihm damals auch signalisiert, dass es die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft unterstützen würde.

Nach dem Tod des Pfarrers habe das Erzbistum alle Opfer und Angehörigen aufgerufen, sich zu melden und ihnen Hilfe und therapeutische Unterstützung angeboten. Damals hätten sich 17 Opfer gemeldet, inzwischen seien fünf weitere bekannt. Die tatsächliche Zahl liege aber sicher höher, so Zollitsch.