Jesuiten informieren Missbrauchsopfer über Aufklärungsarbeit

"Eckiger Tisch" trifft Ordensleitung

In Berlin kamen am Samstag erstmals mehr als 40 Missbrauchsopfer aus mehreren Jesuitenschulen mit der deutschen Ordensleitung zusammen. Bei dem Treffen ging es um die bisher geleistete Aufklärungsarbeit wie den am Donnerstag vorgelegten Abschlussbericht und künftige Unterstützung.

 (DR)

Opfer von sexuellem Missbrauch durch Jesuiten erwarten vom Orden eine "Aufklärung, die Verantwortung benennt und Strukturen aufhellt, die die fortgesetzten Taten durch Vertuschung und Verdecken ermöglicht haben". Dies war eine der zentralen Forderungen am "Eckigen Tisch", an dem sich rund 35 Betroffene und Angehörige aus dem Bundesgebiet sowie führende Vertreter der deutschen Jesuitenprovinz am Samstag in Berlin getroffen haben. Beide Seiten sprachen von einem "wichtigen Schritt" in dem erst seit Jahresanfang begonnenen Aufklärungsprozess.

Die Opfer erwarten vom Jesuitenorden Hilfe zu erhalten, um die Erfahrungen des zugefügten Leids bewältigen und weiterleben zu können. Dazu sollten Angebote für Therapien ebenso gehören wie praktische und konkrete Unterstützung bei beruflichen und persönlichen Neuanfängen. Ferner erwarten die Opfer eine "finanzielle Genugtuung, die auch berücksichtigt, dass in vielen Fällen unsere Angehörigen in den letzten Jahrzehnten an unseren Verletzungen mitgelitten haben".

"Sinnvolle Veranstaltung"
Der scheidende Jesuitenprovinzial Stefan Dartmann und die auf Antrag der Opfer als Sondergutachterin hinzugezogene ehemalige Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) werteten das gut sechsstündige Gespräch als "sinnvolle Veranstaltung". Dartmann geht davon aus, dass es in absehbarer Zeit zu einer weiteren derartigen Begegnung kommen werde. Anwesend waren unter anderen auch Dartmanns designierter Nachfolger, Stefan Kiechle, der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes, der den Stein der Missbrauchsfälle an Schulen des Ordens ins Rollen gebracht hat, und sein Vorgänger, Rolf Dietrich Pfahl. Organisiert hatte die Zusammenkunft die Betroffenengruppe "Eckiger Tisch", der ehemalige Schüler der vier Jesuitenschulen in Berlin, Bonn, Sankt Blasien und Hamburg angehören.

Als Gast nahm am "Eckigen Tisch" auch die von den Jesuiten eingesetzte Missbrauchsbeauftragte Ursula Raue teil. Die Berliner Rechtsanwältin hatte am Freitag in München der Ordensleitung ihren Bericht vorgelegt. Darin kommt sie zu der Feststellung, dass der Orden über Jahrzehnte sexuelle und körperliche Gewalt gegen Kinder an seinen Einrichtungen "systematisch vertuscht und die Täter gedeckt" habe.