Zweites Missbrauchsgutachten der Jesuiten

Mehr Konsequenzen

Andrea Fischer hat dem Jesuitenorden ein Sondergutachten über die Missbrauchsfälle in dessen Einrichtungen vorgelegt. Auf 20 Seiten kommt die frühere Bundesgesundheitsministerin im Wesentlichen zu den selben Ergebnissen wie die eines ersten Berichts. Sie geht aber ausführlicher auf Konsequenzen ein.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

In ihrem Gutachten bescheinigt Fischer dem Orden, dass er "ein aufrichtiges Interesse daran zeigt, dass die Aufklärung erfolgt und dass keine Ergebnisse verschwiegen werden, mögen sie auch noch so unangenehm sein". Bei den gemeldeten Fällen habe der Orden jedoch bis zur öffentlichen Thematisierung der Vorgänge als "pädagogische Institution und als moralische Autorität versagt". Dabei hätten die Verantwortlichen hinreichend Informationen zum Handeln gehabt, so die frühere Grünen-Politikerin. "Zu keiner Zeit wurde an die Kinder und Jugendlichen gedacht und Sorge getragen, ihnen zu helfen."

So habe der Orden etwa keine Vorkehrungen getroffen, um Wiederholungen zu verhindern, führt Fischer aus. Versetzungen hätten dazu geführt, dass die Täter weiterhin Gelegenheit bekommen hätten, Jugendliche zu missbrauchen. Fischer gibt dem Orden auch Empfehlungen für seine künftige Arbeit. So solle er etwa die Ausbildung jesuitischer Lehrer überprüfen und alle Lehrer so ausbilden, dass sie wüssten, wie sie mit Klagen von Kindern über Missbrauchserlebnisse umgehen müssten. Zudem empfiehlt sie dem Orden, nicht auf die Ergebnisse des von der Bundesregierung eingesetzten Runden Tisches zu waren, sondern "nach einem eigenen Weg" für Entschädigungsverfahren zu suchen.

Nach Angaben des Ordens ging der Wunsch nach einem weiteren Gutachten von Opfern aus, die auch konkret die Person Fischers ins Gespräch brachten. Diese engagiert sich in der katholischen Kirche unter anderem als Berliner Diözesanleiterin der Malteser Hilfsorganisation.

Der Bericht von Ursula Raue
Die von der deutschen Jesuitenprovinz ebenfalls eingesetzte Missbrauchsbeauftragte Ursula Raue hatte bereits Ende Mai ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei ihr hatten sich 205 ehemalige Schüler gemeldet.

Die Berliner Rechtsanwältin Raue hatte der Orden bereits 2007 als Missbrauchsbeauftragte eingesetzt. Raue war lange Vorsitzende der deutschen Sektion von "Innocence in Danger", einer internationalen Organisation zum Kampf gegen Kindesmissbrauch im Internet. Die Debatte über Missbrauch in Einrichtungen unter anderem der Kirche hatte der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, Ende Januar angestoßen, als er die Fälle an dem Jesuitengymnasium öffentlich machte.

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