Katholischer Verband gegen Führungszeugnisse für Ehrenamtliche

"Hunderttausende unter Generalverdacht"

Der Runde Tisch Missbrauch will bundesweit einheitliche Regelungen zur Vorbeugung gegen sexuellen Missbrauch durchsetzen - ein Ergebnis des Treffens der Arbeitsgruppe Prävention und Intervention am Dienstag. Bereits im Vorfeld hatte sich der Bund der Deutschen Katholischen Jugend gegenüber domradio.de strikt gegen verpflichtende Führungszeugnisse für Ehrenamtliche gewandt.

 (DR)

Wer dies fordere, stelle "Hunderttausende unter Generalverdacht". Ein solches "nutzloses Stück Papier" behindere die gesellschaftliche Gestaltungskraft, so die BDKJ-Bundesvorsitzende Ursula Fehling. An diesem Dienstag tagte im Familienministerium erstmals die Arbeitsgruppe "Prävention und Intervention" des Runden Tischs gegen sexuellen Missbrauch, den die Bundesregierung eingesetzt hat.

Unter anderem stand zur Debatte, auch ehrenamtliche Kräfte zur Vorlage polizeilicher Führungszeugnisse zu verpflichten; für Hauptamtliche gibt es diese Vorgabe schon länger. Nach Angaben von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ging es allerdings in der Arbeitsgruppe bislang «nur am Rande und auch mit unterschiedlichen Meinungen» um die Frage verpflichtender Führungszeugnisse für Ehrenamtliche.

Bald verbindliche Standards gegen sexuellen Missbrauch
Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sollen künftig nur bei Einhaltung von Standards gegen sexuellen Missbrauch Gelder von Bund, Ländern und Kommunen bekommen. Darüber habe unter Experten in der Präventions-Arbeitsgruppe des Runden Tischs der Bundesregierung zum sexuellen Missbrauch «große Einmütigkeit» geherrscht, sagte Schröder am Dienstag. Die Einhaltung der Standards solle regelmäßig überprüft werden. Zudem soll nach ihren Vorstellungen jedes Kind einen Ansprechpartner «wie eine Notrufnummer» haben.

Nach dem ersten Treffen will die Arbeitsgruppe «Prävention und Intervention» im Juni erneut zusammenkommen. Dann wollen die Mitglieder die Standards ausformulieren und verabschieden, erläuterte die Ministerin. Sie sollten für jede Einrichtung verbindlich gelten, in denen es eine besondere Nähe zu Kindern oder Jugendlichen gebe.

"Falsches Gefühl der Sicherheit"
Die BDKJ-Chefin sagte, polizeiliche Führungszeugnisse für Ehrenamtliche in der Jugendverbandsarbeit würden ein "falsches Gefühl der Sicherheit" vermitteln. In den Jugendverbänden seien solche Kräfte zumeist zwischen 16 und 23 Jahre alt. Entweder seien Straftaten bis dahin noch nicht aufgetreten oder würden im Führungszeugnis aus rechtlichen Gründen nicht aufgeführt. Fehling mahnte, statt "voreiliger Vorschläge" brauche es beim Kampf gegen Missbrauch eine langfristige Stärkung von Präventionsarbeit.

Der BDKJ ist nach eigenen Angaben der Dachverband von 17 katholischen Jugendorganisationen mit rund 660.000 Mitgliedern und 130.000 Ehrenamtlichen. Die Kosten für die Ausstellung von Führungszeugnissen würden laut Verband im ersten Jahr etwa 1,7 Millionen Euro betragen. Dieses Geld solle besser in nachhaltige vorbeugende Arbeit fließen.

Diskussionen um generelle Anzeigepflicht hält an
Derweil gibt es auch um die Frage der generellen Anzeigepflicht bei Missbrauch weiter Diskussionen. Nach dem ablehnenden Votum der Rechts-Arbeitsgruppe von Donnerstag warnte die FDP davor, nun drohe die Anzeigepflicht "durch die Hintertür".

Die Europäische Kommission sehe die Verpflichtung in einem Richtlinienentwurf ausdrücklich vor, sagte der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Wenn es nicht gelinge, diesen Entwurf zu ändern, "helfen gute Beschlüsse hierzu auch nicht", meinte er. Die deutsche Praxis habe sich als richtig erwiesen.