Vatikan: Prediger entschuldigt sich für Zitat - Solidarität mit Papst

"Alles andere als feindlich"

Der päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa hat sich für sein Antisemitismus-Zitat im Zusammenhang mit der Missbrauchsdebatte entschuldigt. Der Vatikan nutzte derweil den Ostergottesdienst auf dem Petersplatz zu einer Solidaritätsbekundung mit Papst Benedikt XVI.

 (DR)

"Wenn ich entgegen meiner Absicht die Gefühle von Juden und von Opfern der Pädophilie verletzt habe, bedaure ich das aufrichtig, und ich bitte dafür um Entschuldigung", sagte der 75-jährige Kapuzinerpater in einem Interview der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" (Sonntag). Wenn er geahnt hätte, welchen Konflikt er auslösen würde, hätte er den betreffenden Brief eines jüdischen Freundes nicht in seiner Karfreitagspredigt verwendet.

"Ich denke keineswegs, dass man Antisemitismus und aktuelle Angriffe auf die Kirche vergleichen kann", sagte Cantalamessa. Der Briefautor habe sich auch nicht auf die Schoah bezogen, sondern von "Stereotypen und dem Verschieben individueller zu kollektiver Schuld" gesprochen. Canatalamessa verteidigte die Auffassung, in der westlichen Gesellschaft seien antichristliche Einstellungen nach diesem Muster verbreitet. Den Namen seines jüdischen Freundes wollte er auch auf Nachfrage nicht preisgeben.

"Worte zum ersten Mal während Gottesdienst gehört"
Der Kapuzinertheologe bestritt, dass der Papst in irgendeiner Weise an der Predigt beteiligt gewesen sei. "Er hat wie alle anderen meine Worte zum ersten Mal während des Gottesdienstes im Petersdom gehört." Niemals seien seine Predigten vorher von Vatikanmitarbeitern gegengelesen worden. Das zeuge von einem großen Vertrauen in ihn "und in die Medien", so Cantalamessa.

Zu der Verwendung des Briefzitats habe er sich entschlossen, weil es ihm als "ein Zeugnis der Solidarität für den derzeit so heftig angegriffenen Papst" erschienen sei. Seine Absicht nannte der Prediger "alles andere als feindlich" gegenüber dem Judentum. Er verwies darauf, dass er seine Karfreitagspredigt 1998 einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte des christlichen Antisemitismus gewidmet habe.

Cantalamessa, einer der meistgelesenen geistlichen Autoren Italiens, hatte sich in seiner Karfreitagspredigt im Petersdom auf den Brief eines jüdischen Freundes bezogen. Dabei zitierte er den nicht namentlich genannten Autor mit der Aussage, der Gebrauch von Stereotypen und das Verschieben von persönlicher zu kollektiver Schuld in der Missbrauchsdebatte erinnere ihn "an die schändlichsten Aspekte des Antisemitismus". Die Äußerung

Vatikan bekräftigt Solidarität mit dem Papst
Der Vatikan hat unterdessen den Ostergottesdienst auf dem Petersplatz zu einer Solidaritätsbekundung mit Papst Benedikt XVI. genutzt. Das Volk Gottes lasse sich nicht beeindrucken vom «Geschwätz des Augenblicks, von den Prüfungen, die manchmal die Gemeinschaft der Gläubigen treffen», sagte der Dekan des Kardinalskollegiums Angelo Sodano in einem Gruß an das Kirchenoberhaupt zu Beginn der Messe.

Sodano versicherte den Papst des Rückhalts der Kardinäle und Kurienmitarbeiter sowie der Bischöfe in den 3.000 Bistümern weltweit. «Besonders stehen Ihnen in diesen Tagen die 400.000 Priester bei, die großherzig dem Volk Gottes dienen», sagte er. Der Kardinaldekan erinnerte an ein Bibelwort über den leidenden Christus: «Er wurde geschmäht, schmähte aber nicht; er litt, drohte aber nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter.»

Benedikt XVI. sei «der makellose Fels der heiligen Kirche Christi», sagte Sodano. «Wir danken Ihnen zutiefst für die Geistesstärke und den apostolischen Mut, mit dem Sie das Evangelium Christi verkünden. Wir bewundern Ihre große Liebe, mit der sie mit dem Herz eines Vaters sich die Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten, zu eigen machen», sagte Sodano.
rief international Kritik hervor.

Papst feiert Ostermesse
Anschließend feierte Benedikt XVI. die traditionelle Ostermesse. Trotz strömenden Regens versammelten sich dazu mehrere zehntausend Gläubige auf dem Petersplatz. Da in diesem Jahr der westkirchliche und der orthodoxe Ostertermin zusammenfielen, trug als Zeichen der ökumenischen Verbundenheit eine russisch-orthoxe Schola einen traditionellen Osterhymnus vor.

Wie jedes Jahr hatte niederländische Floristen den Aufgang zum Petersdom in ein frühlingshaftes Blumenmeer verwandelt. Für den Ostergottesdienst setzten die Arrangeure über 22.500 Blumen sowie 1.500 Sträucher und Zierbäume auf eigens angelegten Terrassen. Es ist das 25. Mal, dass die holländischen Gärtnerbetriebe das blühende Dekor für die Osterfeierlichkeiten im Vatikan stellten.