Papst verlangt energisches Vorgehen in Missbrauchsskandalen

Römische Rückendeckung

Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, war es ein schwieriges Gespräch über ein brisantes Thema (Video). Am Freitagmittag traf er mit Papst Benedikt XVI. zusammen und informierte über den Missbrauchsskandal in seiner Heimat.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Über die ständig neu aufgegriffenen, teilweise 40 Jahre zurückliegenden und mitunter schon verjährten Fälle von Übergriffen durch katholische Geistliche an Minderjährigen. Benedikt XVI. sei betroffen und tief erschüttert, berichtete der Freiburger Erzbischof anschließend vor Journalisten. Zugleich habe er die deutschen Kirchenführer in ihrem Weg einer lückenlosen und zügigen Aufarbeitung bestärkt.

Es war offensichtlich kein Bußgang, den der Freiburger Oberhirte im Vatikan abstatten musste. Trotz der schwierigen Situation wirkte Zollitsch bei der Pressekonferenz gelassen. Der Papst habe das entschiedene Handeln der Bischofskonferenz nachdrücklich unterstützt, berichtete er. Mit den im Jahr 2002 erstellten "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche" habe man ein effizientes Instrument zur Aufklärung, zur Hilfe für die Opfer und zur Prävention in der Hand.

"Die Wunden der Vergangenheit heilen"
Benedikt XVI. habe die Bischöfe gebeten, diese Leitlinien kontinuierlich anzuwenden und wo nötig zu verbessern. Er selbst sei zuversichtlich, dass dies der richtige Weg sei, um "die Wunden der Vergangenheit zu heilen", sagte Zollitsch. Er gehe gestärkt aus dem Gespräch mit dem Papst hervor.

Dies bedeutet, dass die deutsche Kirche sich nach vatikanischer Einschätzung aus eigener Kraft aus dem Missbrauchsskandal befreien kann. Anders als in den USA oder in Irland, wo ein Instrument wie die "Leitlinien" zuvor fehlte, will der Vatikan den Fall nicht an sich ziehen. Die deutschen Normen entsprechen dem Drei-Stufen-Plan, auf den Benedikt XVI. immer wieder zur Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen verweist.

Freilich hätten die deutschen Bischöfe auch nicht um vermittelnde Begleitung gebeten, stellte Zollitsch klar. Er wies darauf hin, dass die vatikanische Glaubenskongregation demnächst ihre Normen für "schwerste kirchliche Straftaten" aus dem Jahr 2001 überarbeiten und Erfahrungen aus anderen Ländern einarbeiten werde. In diesem Rahmen würden auch kleine Präzisierungen an den deutschen Leitlinien erfolgen.

Streit zwischen der Kirche und Bundesregierung
Viele der anwesenden Journalisten interessierten sich besonders für den Streit zwischen der deutschen Kirche und der Bundesregierung.  Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel wie die Ministerinnen für Bildung und Familie, Annette Schavan und Kristina Schröder (alle CDU), hätten den Bischöfen ihr "volles Vertrauen" bei der Aufarbeitung des Skandals bekundet, hob Zollitsch hervor. Mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der er nach ihrer Kritik zuvor entschieden widersprochen habe, werde derzeit ein Gesprächstermin vereinbart.

Die Bischöfe wollen - neben innerkirchlichen Maßnahmen - das Gespräch zu Aufklärung und Prävention mit möglichst vielen gesellschaftlichen Akteuren suchen, versicherte Zollitsch unter Hinweis auf den am 23. April geplanten Runden Tisch. Sexueller Missbrauch sei kein besonderes Problem der katholischen Kirche; jedoch sei es besonders schlimm, wenn gerade Kleriker sich an Minderjährigen vergriffen.

Allerdings habe keine andere gesellschaftliche Gruppe so weitreichende Leitlinien wie die Kirche, betonte der Erzbischof. Und im Übrigen fordere die Kirche alle Akteure nicht nur zur Selbstanzeige auf. Sie informiere auch von sich aus die Strafverfolgungsbehörden. Davon sehe man nur unter außerordentlichen Umständen ab, etwa wenn es dem ausdrücklichen Wunsch des Opfers entspreche.

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