Bewährungsstrafe für Priester wegen sexuellen Missbrauchs

Was wirklich geschah, bleibt offen

148 Fälle aus der katholischen Missbrauchsstudie haben Staatsanwälte in Bayern geprüft. Übrig blieb eine Anklage, die am Donnerstag in Bad Kissingen verhandelt wurde. Am Ende verhängte der Richter eine Bewährungsstrafe.

Autor/in:
Christian Wölfel
Justitia-Figur / © Sebboy12 (shutterstock)

Wegen des sexuellen Missbrauchs einer Ministrantin stand nun ein katholischer Priester vor einem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Reinhard Oberndorfer. Dieses verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie einer Geldstrafe von 1.200 Euro. Was als Schwärmerei des damals zehnjährigen Mädchens begonnen hatte, wurde zwei Jahre später zu Umarmungen, einem Zungenkuss und Petting im Wald, so zumindest die Auffassung des Richters. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt.

Was passierte wirklich?

Was wirklich vor zehn Jahren passiert ist, wissen nur die heute 22-jährige Frau und der 43 Jahre alte Geistliche. Dazu kommt, dass die Aussagen der Betroffenen sich immer wieder änderten. Im März 2019 gab sie gegenüber der Polizei an, dass nichts gewesen sei. Erst ab ihrem 18. Lebensjahr habe sie eine sexuelle Beziehung zu dem Priester gehabt. So stellte es auch dieser am Donnerstag vor Gericht dar. Das Verfahren war deshalb vorher schon mal eingestellt worden.

Später aber hatte die Frau gegenüber dem Bistum Würzburg und der Polizei ausgesagt, es habe sexuelle Handlungen durch den Geistlichen gegeben, bei der er auch mit einem Finger in ihren Körper eingedrungen sei. Nach dem Strafgesetzbuch wäre dies ein schwerer sexueller Missbrauch. Doch der Nachweis konnte vor dem Amtsgericht nicht erbracht werden. Die Frau änderte dort erneut ihre Aussage und gab an, dies habe erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt stattgefunden. Im Winter 2010 habe lediglich sie sexuelle Handlungen an dem Priester vorgenommen.

Verteidigerin Gerda Staude bezeichnete in ihrem Plädoyer die Betroffene als "unglaubwürdig". Staatsanwältin Isabell Simon verwies darauf, dass es vor Gericht schwer gewesen sei, "etwas aus der Zeugin herauszubekommen, was den Angeklagten belastet". Die Frau glaube immer noch an eine gemeinsame Zukunft. Sie habe ausgesagt, dass sie sich nicht missbraucht fühle. Sie sei in den Mann verliebt gewesen.

In seinem Urteil verwies der Richter darauf, dass das Verfahren nicht von der Zeugin ausgegangen sei. Vielmehr gab es bereits 2011 Hinweise aus der Schule über eine besondere Beziehung des Kaplans zu dem Mädchen, wobei nicht von sexuellen Handlungen die Rede gewesen sei. Aufgrund der Meldungen riet das Bistum dem Priester 2011, den Kontakt abzubrechen.

Zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kam es im Herbst 2018, nachdem die Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht worden war. Damals hatten im Nachklang alle sieben bayerischen Bistümer Akten zu den aufgeführten Fällen an die Justiz gegeben. Aus den 148 Vorermittlungen und Ermittlungen, die sich aus den Akten für Bayern ergaben, war der Fall des einstigen Kaplans der einzige, der vor Gericht kam.

In der Urteilsbegründung hob der Richter darauf ab, dass der Priester durch die Schwärmerei und Annäherungsversuche der Ministrantin mit einer Situation konfrontiert worden sei, "mit der er sichtlich überfordert war". Er habe es aber auch eskalieren lassen.

Ob der Geistliche Berufung oder Revision einlegen wird, ist offen. Außerdem wird es ein kirchenrechtliches Verfahren geben, das das Urteil des Amtsgericht berücksichtigt. Das im Februar ausgesprochene Verbot des priesterlichen Dienstes bleibt bestehen, erklärte das Bistum. "Im Namen der Diözese bedauert Bischof Franz Jung zutiefst den Missbrauch und das Leid des Opfers."


Quelle:
KNA