Wie eine Gemeinde nun Gottesdienst feiert

Ein Wiedersehen mit Abstand

Wochenlang war es nicht möglich, öffentliche Gottesdienste in der Kirche mit der Gemeinde zu feiern. Seit Mai geht dies in Nordrhein-Westfalen nun wieder. Für Pfarrer Andreas Süß ein "wirklich großartiges Gefühl", wie er im Interview erzählt.

Gottesdienstbesucher in einer Kirche / © Harald Oppitz (KNA)
Gottesdienstbesucher in einer Kirche / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was war das für ein Gefühl bei Ihrem ersten Gottesdienst nach dieser langen Pandemie-Pause?

Pfarrer Andreas Süß (Katholische Pfarrgemeinschaft St. Nikolaus und St. Joseph in Bensberg und Moitzfeld): Es war für uns alle ein wirklich großartiges Gefühl, wieder mit Menschen zusammen Gottesdienst zu feiern.

Wir konnten seit dem 15. März nur über einen täglichen Livestream mit den Menschen verbunden sein. Wir haben zwar angeboten, uns über Live-Chat und E-Mails Fürbitten zu schicken, die wir dann auch verwendet haben, oder kleine Filme zu schicken, die wir dann im Livestream gezeigt haben, aber es ist natürlich ganz anders, wenn man wirklich wieder als Gemeinschaft im Gottesdienst-Raum miteinander Gottesdienst feiert.

Das hat uns alle tief bewegt, weil wir gespürt haben, dass uns die letzten sieben Wochen etwas gefehlt hat. Das war eine Fastenzeit und ein Osterfest, wie wir es bisher noch nicht erlebt haben.

DOMRADIO.DE: Streamen Sie die Messfeiern weiterhin?

Süß: Es ist ja weiterhin das Sonntagsgebot aufgehoben. Das heißt, dass man nicht zum Gottesdienst in die Kirche kommen muss, wenn man zu einer Risikogruppe gehört oder es einem einfach im Moment noch zu gefährlich ist.

Deshalb ist uns ganz wichtig, dass der Sonntagsgottesdienst um 11.30 Uhr und der wochentägliche Gottesdienst morgens um 7.00 Uhr weiterhin gestreamt werden. Damit können alle, die sich das im wahrsten Sinne des Wortes lieber noch ein bisschen angucken wollen, einfach über den Live-Stream mitfeiern. Es ist gut, dass das möglich ist und sich keiner gezwungen fühlt. Uns ist jetzt wichtig, mit kleinen Schritten wieder nach vorne zu gehen.

Es ist auch ganz klar, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, bis wir wieder Messen mit vielen frohen, miteinander singenden Menschen erleben werden. Es war für uns jetzt ganz ungewöhnlich, dass man nun im Gottesdienst nicht singen konnte.

Wir haben versucht, das durch eine Kantorin oder einen Kantor ein bisschen wettzumachen, sodass wenigstens ein Zelebrant und ein Kantor oder eine Kantorin gesungen haben. Aber dass die Menschen nicht mitsingen können, ist uns allen schwergefallen.

DOMRADIO.DE: Die Menschen konnten nicht mitsingen und Sie feiern den Gottesdienst nur unter bestimmten Hygienevorschriften und Vorsichtsmaßnahmen. Was ist denn sonst noch anders als vorher gewesen?

Süß: Normalerweise steht man vor dem Gottesdienst noch zusammen und spricht miteinander. Wie geht es dir? Wie war die letzte Woche? Das ging jetzt natürlich nicht. Wir haben die Gemeinde schon vorab gebeten, diese zwei Meter Sicherheitsabstand vor der Kirche, in der Kirche und auch nach der Kirche zu wahren. Das ist natürlich sehr schade, denn wenn man sich sieben Wochen nicht gesehen hat, dann freut man sich natürlich darauf, ein bisschen voneinander zu hören.

Aber ich war doch sehr angetan, dass dieser Gottesdienst sehr besonnen und innig gefeiert wurde. Die Menschen sind auch mit Maske zum Gottesdienst gekommen, so wie es vorgeschrieben war. Uns ist natürlich ganz wichtig, jedes Leben zu retten und dieses gefährliche Coronavirus nicht zu übertragen.

Wir haben mit dem Seelsorgeteam auch vor der Kirche Abstandshilfen aufgebaut und in der Kirche Markierungen angebracht. Man konnte nur durch den Mittelgang zum Eucharistieempfang nach vorne gehen, der auch nur beim Priester möglich war. Wir konnten nicht wie sonst mit mehreren Kommunionhelfern die Kommunion austeilen, weil es ja sonst zu Begegnungen hätte kommen können. Wir haben Hinweisschilder auf dem Boden angebracht, Bänke abgesperrt und Sitzplatzzeichen vergeben. Wir haben die Sitze mit einem Smiley gekennzeichnet, um einfach in dieser schwierigen Situation auch ein freundliches Zeichen zu setzen. Das war natürlich alles im Vorhinein nötig.

Wir haben vom Erzbistum schöne Hinweisschilder bekommen, die wir aufgestellt haben, um einfach darauf hinzuweisen, Abstand zu halten und vorsichtig zu sein. Wir haben während des Gottesdienstes auch keine Kerzen an den Marienbildern entzünden lassen, um auch da nicht nachher in alter Gewohnheit einen Versammlungspunkt zu schaffen.

Das waren viele Dinge, die vorweg zu bedenken waren. Das hatten wir aber im Vorstand des Gemeinderates auch gut überlegt. Die Menschen haben das auch mit großer Sensibilität und Bereitschaft mitgetragen und große Dankbarkeit dafür gezeigt, dass wir das so gut vorbereitet hatten.

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat es für die Menschen, jetzt wieder einen Gottesdienst feiern zu können?

Süß: Die Menschen waren sehr dankbar. Man hat sich sieben Wochen lang nicht gesehen. Sieben Wochen lang konnten sie nicht die Kommunion empfangen. Sieben Wochen lang haben sie sich nicht so einfach in der Kirche zum Gottesdienst versammeln können, auch wenn die Kirchen offen waren und wir natürlich gesagt haben, dass sie jederzeit zum persönlichen Gebet kommen können.

Aber es ist halt schon etwas anderes, wenn man wieder miteinander feiert. So schön der Livestream auch ist oder digital auf Facebook, Instagram und Twitter mit der Gemeinde unterwegs zu sein, ist es halt schon etwas anderes, wenn man sich sehen und miteinander feiern kann.

Das Interview führte Julia Reck.


Andreas Süß, leitender Pfarrer in Bensberg und Moitzfeld / © Beatrice Tomasetti (DR)
Andreas Süß, leitender Pfarrer in Bensberg und Moitzfeld / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR