Beerdigungen und Trauer in Zeiten der Corona-Pandemie

"Eine ganz andere Atmosphäre"

Trauer und Beerdigungen sind in der Corona-Krise nur mit den engsten Familienangehörigen möglich – eine große Trauergemeinde ist nicht erlaubt. Pfarrer Christof Dürig erzählt im Interview, wie Beerdigungen derzeit aussehen.

Eine Amsel auf einem Grab / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Amsel auf einem Grab / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie haben in letzter Zeit schon häufig Beerdigungen gefeiert, bei denen nur abgezählte Trauergäste hinter dem Sarg hergehen. Merken Sie schon, dass es auch hier bei uns mehr Sterbefälle gibt?

Pfarrer Christof Dürig (Pfarrer der katholischen Kirche Frechen): Mehr Sterbefälle – weiß ich noch nicht. Es ist zumindest eine ganz andere Atmosphäre, wenn man weiß, dass eigentlich viel mehr Leute mitgehen würden, sowohl aus der Familie als auch aus dem Bekannten- und Freundeskreis. Aber es können wirklich nur die engsten Angehörigen dabei sein.

DOMRADIO.DE: Wir haben Bilder in den Medien gesehen aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Italien, wo die Kapazitätsgrenzen überschritten wurden. Eine unvorstellbar hohe Zahl von Toten gibt es da. Bereiten Sie und Ihre Kollegen sich darauf vor, dass es durch die Corona-Pandemie insgesamt mehr Beerdigungen geben kann?

Dürig: Wie soll man sich darauf vorbereiten? Es gibt immer Zeiten, wo es mehr Beerdigungen sind und es gibt Zeiten, wo es dann weniger gibt. Das muss man abwarten, wie sich das entwickelt, und dann werden wir uns den Aufgaben stellen – dann auch Beerdigungen.

DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie das? Sind die Trauerfeiern und Beerdigungen derzeit denn weniger feierlich, weil eine Heilige Messe oder die Exequien für den Verstorbenen entfallen müssen?

Dürig: Es ist schon eine ganz andere Atmosphäre. Exequien, also die heilige Messe in der Kirche darf ja jetzt nicht stattfinden, sie ist ja auch sonst bei vielen Beerdigungen nicht damit verbunden. Aber es ist schon einfach ein komisches Gefühl, zu sehen, es sind nur wenige Angehörige oder wenige Menschen da, wohl wissend, dass es eigentlich ja viel mehr sein könnten.

Es gibt auch unter normalen Umständen Beerdigungen, wo nur ganz wenige Angehörige da sind, aber dieses Gefühl ist schon anders. Die Trauernden stehen dann auch noch in einem Abstand um das Grab herum. Das ist schon von der Atmosphäre her natürlich weniger feierlich. Wir versuchen es würdig zu machen, genauso wie meine Kollegen das auch tun. Aber es ist halt schon irgendwie schwieriger, und es liegt über dem Ganzen drüber, dass die Situation anders ist.

DOMRADIO.DE: Was macht das mit den Menschen? Stoßen Sie vielleicht sogar auch auf Unverständnis?

Dürig: Nein. Bisher gibt es sehr viel Verständnis mit all den Menschen, mit denen ich jetzt in diesem Zusammenhang mit Beerdigungen zu tun gehabt habe. Manche bringen das schon als erstes von sich aus mit rein, weil es sich ja auch herumspricht und überall so der Fall ist.

Von daher nehmen die Menschen das bisher auch in Kauf, weil es eben im Moment nicht anders geht. Natürlich gibt es das Bedauern, dass es jetzt anders nicht möglich ist – mit mehr Leuten und einer anderen Form.

DOMRADIO.DE: Wir hören von traurigen und vermehrt in Pflegeheimen sterbenden Menschen. Dahinter stehen Geschichten, in denen jemand nicht mehr zu seiner Mutter, seinem Vater, seiner Tante oder anderen durfte. Wie gehen Angehörige damit um, dass sie die Sterbenden vor ihrem Tod nicht mehr sehen können?

Dürig: Ja, das ist schon ganz schwierig. Gerade da, wo es darauf ankommt, dabei sein zu wollen und eigentlich auch zu müssen, eben nicht hinzugehen. Aber aufgrund der allgemeinen Situation versuchen die Menschen, sich damit zu arrangieren.

DOMRADIO.DE: Wie können Sie als Pfarrer trotzdem momentan den Angehörigen und Menschen, die eigentlich zur Beerdigung gekommen wären und trauern wollen, Raum zum Abschied geben, und ausdrücken, dass sie nicht allein sind?

Dürig: Bei den nächsten Angehörigen ist es ja möglich durch ein Kondolenzgespräch, was jetzt in der Regel auch am Telefon geführt wird. Dann bei der Beerdigung selber kann ich mit den Leuten ja mit einem gewissen Abstand nicht nur die Trauerfeier im engeren Sinne halten, sondern auch mit den Leuten noch reden.

Da versuche ich natürlich auch, auf die Situation einzugehen und auch zu sagen: Eigentlich wären wir ja hier viel mehr. Und Sie dürfen sicher sein, dass da auch noch andere im Gedanken zumindest mit dabei sind, die jetzt nicht kommen dürfen.

DOMRADIO.DE: Was könnte denn für die folgenden Fälle vielleicht anders gemacht werden? Was würden Sie sich da wünschen?

Dürig: Im Moment kann man sich aufgrund der Situation vieles wünschen, aber es geht einfach gar nicht anders. Man kann es so handhaben, dass man versucht, bei jedem einzelnen Fall wieder neu auf die Menschen zuzugehen, zu hören, wie das sonst auch ist, wie auch Menschen trauern. Das ist ja auch sehr unterschiedlich.

Dann geht es darum, auch aus der Situation das zu machen, was möglich ist und um Verständnis zu werben, dass es im Moment nicht anders geht.

DOMRADIO.DE: Werden Trauerfeiern oder Exequien denn nachgeholt oder später nochmal gefeiert?

Dürig: Zumindest ist das angedacht. Manche sagen das auch: Wir wollen dann nochmal die Messe feiern, ob zum Sechswochenamt oder zu einem späteren Zeitpunkt, was auch immer möglich ist. Und manche sagen dann auch: Dann wollen wir auch den Trauerkaffee danach mit den anderen Menschen auch machen. Wie und wann das möglich ist, das kann im Moment keiner sagen.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Pfarrer Christof Dürig / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pfarrer Christof Dürig / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR