Neuer Bundeswehr-Traditionserlass soll demnächst in Kraft treten

"Schwieriges Terrain"

​Die Arbeiten zum neuen Traditionserlass für die Bundeswehr gehen in die finale Runde. Derweil sorgt die Truppe wegen ihrer schlechten Verfassung für Schlagzeilen. Der Umgang mit der Vergangenheit bleibt aber wichtig.

Autor/in:
Joachim Heinz
Bundeswehr steht in den Schlagzeilen / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Bundeswehr steht in den Schlagzeilen / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

Es fehlt noch die "zustimmende Zurkenntnisnahme" der Mitglieder des Verteidigungsausschusses im Bundestag und unter anderem des "Gesamtvertrauenspersonenausschusses" des Verteidigungsministeriums: Dann kann der neue Traditionserlass, der die Traditionspflege innerhalb der Bundeswehr und ihren Umgang mit der Vergangenheit regeln soll, in Kraft treten und die bisherige Fassung aus dem Jahr 1982 ersetzen.

Voraussichtlich Ende März soll das laut Verteidigungsministerium der Fall sein. Öffentlich zugänglich ist der Entwurf bislang noch nicht. Aber anhand der zahlreicher werdenden Wortmeldungen aus den vergangenen Wochen lassen sich zumindest einige Knackpunkte herausdestillieren.

An was soll die Bundeswehr anknüpfen?

Der Berliner Politologe Herfried Münkler fasste in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch) die grundsätzlichen Herausforderungen mit den Worten zusammen, es gebe kaum ein "schwierigeres Terrain" als das der deutschen Militärgeschichte. "Und das nicht nur wegen der Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, sondern auch darum, weil es ein deutsches Heer eigentlich erst seit 1919 mit Gründung der Reichswehr gibt."

Mit anderen Worten: An was konkret sollen die Soldaten der Bundeswehr anknüpfen? Immer wieder fallen in diesem Zusammenhang die Namen der Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944, einzelne Personen also, die sich auf ihr Gewissen beriefen. Der Traditionserlass wird sich Experten zufolge unter anderem daran messen lassen müssen, welche Bedeutung er dieser Episode aus der dunkelsten Phase der jüngeren deutschen Geschichte beimisst.

Mangel an politischer Reife?

Fallstricke lauerten offenbar auch bei der Einordnung der DDR-Armee. Im vergangenen November kritisierte der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, die entsprechende Passage eines früheren Entwurfs als "ein bisschen unglücklich", weil darin NVA und Wehrmacht nebeneinander gestellt würden. In seinem am Dienstag vorgestellten Jahresbericht bedauerte der SPD-Politiker zugleich, die Traditionsdebatte sei leider "öffentlich fast unbemerkt" in erster Linie von Experten auf Einladung des Verteidigungsministeriums oder nachgeordneter Stellen geführt worden.

Das steht in krassem Gegensatz zu jenen Vorfällen, die im vergangenen Jahr die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) überhaupt erst dazu veranlassten, einen neuen Erlass auf den Weg zu bringen. Stahlhelme vor einer Kantine, Hakenkreuz-Kritzeleien und Landser-Souvenirs an Kasernenwänden sowie Entgleisungen bei der Ausbildung von Rekruten beherrschten immer wieder die Schlagzeilen. Der Eindruck drängte sich auf, dass es bei manchen "Staatsbürgern in Uniform" an staatsbürgerlicher Haltung und an politischer Reife mangele.

"Generalisierungen führen zu nichts"

"Niemand sollte eine ganze Gruppe unter Generalverdacht stellen, solche Generalisierungen führen zu nichts", betonte der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zugleich müsse es unter den Soldaten ein Bewusstsein für die Vergangenheit geben - und auch für die ihr innewohnenden Brüche. Das sei gerade mit Blick auf den Wandel der Bundeswehr und die Ausweitung internationaler Einsätze unverzichtbar, heißt es in der jüngsten Ausgabe des "Kompass", der Zeitschrift der katholischen Militärseelsorge.

Am Ende seien zwei Aspekte "für die Güte der Traditionspflege in der Bundeswehr entscheidend", schreibt der Wehrbeauftragte Bartels in seinem Jahresbericht. "Erstens: Für die eigene Tradition der Bundeswehr nicht nur die Köpfe, sondern insbesondere die Herzen der Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten zu erreichen." Und Zweitens: "Ein kluger und unverfänglicher Umgang mit ausgewählten Aspekten des militärischen Erbes vergangener Zeiten und eine unmissverständliche Grenzlinie zum braunen Erbe." Mit der Herausgabe des Erlasses allein wird es nach Ansicht von Beobachtern und Soldaten wohl nicht getan sein.


Quelle:
KNA