Flughafenseelsorge zum Betriebsende von Air Berlin

"Viel Unsicherheit und Trauer"

Aus und vorbei. Die Fluggesellschaft Air Berlin stellt an diesem Donnerstag den Betrieb ein. In Düsseldorf landet eine der letzten Maschinen der Linie. Für die dortige Flughafenseelsorge ein seltsames Gefühl des Abschieds.

Air Berlin stellt den Flugbetrieb ein / © Sophia Kembowski (dpa)
Air Berlin stellt den Flugbetrieb ein / © Sophia Kembowski ( dpa )

domradio.de: "Der Anstand gebietet es, sich gebührend verabschieden zu können." Das hatte ein Sprecher des Flughafens im Vorfeld gesagt. Es wird jetzt eine Wasserfontäne geben und der Flughafen rechnet mit einem großen Besucherandrang. Werden Sie auch heute Abend dabei sein, wenn die letzte Air Berlin-Maschine in Düsseldorf landet?

Ute Klevers (Evangelische Flughafenseelsorgerin am Flughafen in Düsseldorf): Ja, wir sind als Flughafenseelsorge sowohl heute den ganzen Tag als auch morgen da, sodass Mitarbeiter oder Angehörige ganz einfach mit uns reden können. Aber wir werden auch mit mehreren Ehrenamtlichen heute Abend auf der Besuchertribüne sein, um direkt da zu sein, das mitzuerleben und auch mitreden zu können. 

domradio.de: Mit was für Gefühlen blicken Sie selbst auf diesen Abend?

Klevers: Wir sind noch relativ neu hier, von daher ist es mehr ein privates Gefühl und kein dienstliches Gefühl. Ich bin früher auch mit der LTU in den Urlaub geflogen und so geht es ganz vielen Menschen hier am Flughafen und in der Region. Man kennt Air Berlin, man kennt aber auch die Gesellschaft davor, die LTU. Ich sehe hier viele Air Berlin-Mitarbeiter, die jetzt mit den alten LTU-Köfferchen wieder unterwegs sind. Das ist schon ein Gefühl von einer zu Ende gehende Ära. Und die Frage ist, wie die Zukunft aussieht. Es herrschen also viel Unsicherheit und Trauer. 

domradio.de: Was haben Sie denn in den vergangenen Tagen und Wochen bei Gesprächen mit Air Berlin-Mitarbeitern erfahren? Wie geht es denen?

Klevers: Die meisten haben es seit Wochen oder seit Monaten kommen sehen. Wenn jemand bereits einen Anschlussvertrag bekommen hat, ist zumindest die wirtschaftliche Sicherheit da. Aber viele wissen gar nicht, wie es weitergeht. Das ist eine ganz große Verunsicherung. Viele erzählen auch: Wir sind eine Familie gewesen. Und jetzt reißt sie das auseinander. Wir werden also nicht mehr die gleichen Kontakte haben wie in den letzten zwanzig Jahren, sondern müssen gucken, wie wir unsere Kontakte miteinander halten. Kollegen sind nicht mehr da. Ich habe vielleicht einen Job aber mein Kollege nicht. Das zerreißt ja auch viele innerlich. 

domradio.de: In dieser wirklich schwierigen Situation: Was können Sie als Flughafenseelsorge für die Menschen tun? 

Klevers: Wir können Zeit haben. Wir können zuhören. Wir können auch zum fünften Mal dieselbe Geschichte hören. Wir bringen das Ganze auch ins Gebet, also auch vor Gott und halten es mit aus. Wie immer in Krisen sind wir einfach da, als Mensch für die Menschen. Viel mehr Konkretes können wir leider nicht tun. Aber wir erleben, dass die Menschen sehr froh sind, wenn man ihnen zuhört, sie die Last loswerden können und sie dadurch vielleicht einen neuen Weg finden und neuen Mut gewinnen, sich woanders zu bewerben. 

domradio.de: Sie haben gerade das Gebet und Gott angesprochen. Kommen bei vielen Betroffenen solche existenziellen Fragen auch mit auf?

Klevers: Ja. Meistens indirekt. "Was soll ich denn jetzt tun? Wer hilft mir jetzt?" Und dann bieten wir das von unserer Seite Hilfe an. Manche nehmen es an, manche eben nicht.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR