Gericht will Schuldfrage der Loveparade-Katastrophe klären

Aufatmen bei Opfern

Die Opfer der Loveparade-Katastrophe mussten sieben Jahre auf diesen Tag warten, wurden vertröstet. Nun hat ein Gericht entschieden: Es wird einen Prozess geben.

Gedenkstätte Loveparade (dpa)
Gedenkstätte Loveparade / ( dpa )

Sieben Jahre nach der Duisburger Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten soll nun die Schuldfrage in einem Strafprozess aufgearbeitet werden. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) entschied in einem am Montag veröffentlichten Beschluss, die Anklage gegen alle zehn Angeklagten zuzulassen.

Für die Opfer und Angehörigen ist das wohl eine gute Nachricht: "Viele von ihnen werden diese Entscheidung begrüßen", erklärt Uwe Rieske gegenüber domradio.de, der Landespfarrer für Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland, der viele Betroffene einige Zeit betreut hat. Die Frage "Warum wird das juristisch nicht aufgearbeitet?" habe die Opfer und Angehörigen all die Jahre gequält. Vor allem die Betroffenen aus dem Ausland hätten es nicht verstanden, dass ein Rechtsstaat wie Deutschland die Schuldfrage bisher juristisch nicht aufgearbeitet habe. "Dass das bislang nicht passiert ist, das ist für viele unerträglich", erklärt der Seelsorger.

Für Opfer eine Belastung

Es gehe den Opfern um Gerechtigkeit. "Es gibt ein Bedürfnis, dass die Schuldfrage aufgenommen und geklärt wird." Wenn das nicht passiere, dann sei das eine zusätzliche Belastung, erklärt Rieske. Erleichtert reagierten auch die Anwälte der Loveparade-Opfer auf die Entscheidung. "Das kommt unerwartet, aber es ist sehr erfreulich", sagte Anwalt Thomas Feltes, der den Vater eines gestorbenen Mädchens vertritt.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Anne-José Paulsen, hat die Angehörigen der Duisburger Loveparade-Opfer und weitere Opfer um Verständnis für die bisherige juristische Aufarbeitung der Katastrophe gebeten. Sie wisse, dass diese schwer belastend und teilweise schwer nachvollziehbar sei, sagte sie am Montag in Düsseldorf. "Gleichwohl bitte ich Sie um Verständnis für die nicht immer sofort einleuchtenden Entscheidungen und Abläufe in der Justiz." Sie beruhten auf den Grundprinzipien des Rechtsstaates, deren Einhaltung auch in belastenden, schwierigen Verfahren unverzichtbar sei. "Ich hoffe sehr, dass die Hauptverhandlung ihnen helfen kann, ihren Schmerz und ihre Trauer weiter zu verarbeiten."

Verurteilung "hinreichend wahrscheinlich"

Bei dem Technofestival Loveparade in Duisburg am 24. Juli 2010 war es an einer Engstelle zu einem tödlichen Gedränge gekommen. 21 Menschen starben, mindestens 652 wurden verletzt, einige von ihnen schwer.

Anders als die Duisburger Richter vor einem Jahr hält der zuständige Senat beim OLG eine Verurteilung der Angeklagten für "hinreichend wahrscheinlich". Die vorgeworfenen Taten seien mit den in der Anklage aufgeführten Beweismitteln mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisbar. "Dass die den Angeschuldigten vorgeworfenen Sorgfaltspflichtverletzungen ursächlich für die Todes- und Verletzungsfolgen waren, dränge sich nach dem Ermittlungsergebnis auf", hieß es in einer Mitteilung. Anders als vom Landgericht entschieden, soll das Gutachten des Sachverständigen in der Hauptverhandlung verwertet werden.

Für die Angehörigen werde der Prozess eine erneute Konfrontation mit dem Unglück. "Es kann alte Wunden wieder aufreißen", erklärt Pfarrer Uwe Rieske. Die Betreuung wird inzwischen von der Seelsorge in Duisburg organisiert. Man müsse dann schauen, wie die Bedürfnisse aktuell seien.


Quelle:
dpa , DR