Gericht lässt Anklage im Loveparade-Verfahren nicht zu

Gutachten nicht verwertbar

Das Landgericht Duisburg eröffnet keinen Strafprozess wegen der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten im Jahr 2010. Die 5. Große Strafkammer habe die Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zugelassen, teilte das Gericht am Dienstag mit.

Gedenkstätte Loveparade (dpa)
Gedenkstätte Loveparade / ( dpa )

Die Verurteilung der Angeklagten sei nicht zu erwarten, weil kein hinreichender Tatverdacht bestehe. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Mitarbeitern der Veranstalterfirma Lopavent und sechs Bediensteten der Stadt Duisburg unter anderem fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.

Gutachten nicht verwertbar

Als Grund für seine Entscheidung erklärte das Gericht, dass das wesentliche Beweismittel der Anklage, das Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still, nicht verwertbar sei. Es leide an gravierenden inhaltlichen und methodischen Mängeln und beantworte nicht die Frage, aus welchen Gründen es zu der Massenpanik gekommen sei. Zudem bestehe die Besorgnis, dass der Gutachter befangen sei, erklärte das Gericht weiter. Die Richter hatten dem Experten zuvor bereits 75 Ergänzungsfragen zu seinem Ursprungsgutachten gestellt. Diese hätten aber die offenen Fragen nicht klären und die grundlegenden Mängel nicht beheben können, hieß es. Andere tragfähige Beweismittel liegen nach Angaben des Gerichts nicht vor.

Empörung bei Nebenklägern

Die Entscheidung des Duisburger Landgerichts, keinen Strafprozess zum Loveparade-Unglück zu führen, hat Empörung bei den Nebenklägern ausgelöst. "Das ist ein Justizskandal, nach fünfeinhalb Jahren Ermittlungen zu so einem Ergebnis zu kommen", sagte der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Reiter vertritt rund 100 Betroffene, darunter die Angehörigen von vier Todesopfern. Die Verletzten und die Hinterbliebenen der Toten hätten kein Verständnis für die Entscheidung des Gerichts, sagte Reiter. "Sie sind jahrelang mit der Ankündigung vertröstet worden, Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit."

"Bankrotterklärung der Justiz"

Reiter sprach von einer "Bankrotterklärung der Justiz". Das Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still sei sicher zu kritisieren. Die Mängel reichten aber nicht aus, um die Anklage nicht zuzulassen.

Bei der Loveparade in Duisburg am 24. Juli 2010 war es an einer Engstelle zu einem tödlichen Gedränge gekommen. 21 Menschen starben, mehr als 650 wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt.


Quelle:
KNA , dpa