Erzbistum Köln zur Seelsorgerstudie

"Zu oft denken wir zuerst in Strukturen"

Die Seelsorgerstudie zeigt: Zentrale Motivation für das berufliche Engagement von Seelsorgern sind spirituelle Erfahrungen. Als Schutz vor Burnout sind gute Arbeitsbedingungen jedoch entscheidender. Wie reagiert das Erzbistum Köln?

 (DR)

domradio.de: Wie haben Sie diese Studie aufgenommen?

Pfarrer Weißkopf (Hauptabteilungsleiter Seelsorge-Personal im Erzbistum Köln): Wir freuen uns sehr, Ergebnisse präsentiert zu bekommen, um die Frage zu klären, wie es unseren Seelsorgern vor Ort in der jetzigen Situation eigentlich geht. Zu erfahren, welche Auswirkungen die Strukturveränderungen auf ihre Person haben, um dadurch der Person stärker gerecht zu werden.

domradio.de: Welche Erkenntnisse sind speziell für die Pastoral im Erzbistum Köln von Nutzen?

Pfarrer Weißkopf: Die Zufriedenheit der Seelsorger liegt im Normalmaß im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Gruppen. Wir müssen jetzt in pastoralen Fragen konsequent auf die Personen schauen. Person vor Struktur! Es sind drei Gruppen zu unterscheiden: Die hauptamtlichen Seelsorger, die Getauften und Gefirmten vor Ort und die Menschen vor Ort. Zu oft denken wir zuerst in Strukturen. Ich würde gerne die Personen in den Mittelpunkt stellen und fragen, wie sie der Berufung gemäß leben und arbeiten können.

domradio.de: Das spirituelle Fundament spielt laut der Studie eine herausragende Rolle für die Zufriedenheit der Seelsorger. Was schließen Sie daraus?

Pfarrer Weißkopf: Vor uns liegt ein geistlicher Prozess, der eine persönliche geistliche Komponente, also die Spiritualität stärken soll. Wir müssen Exerzitien gerade bei Hauptamtlichen fördern. Wichtig ist auch, dass Seelsorger auch als Geistliche unterwegs sein dürfen müssen. Dieses Element nicht nur bei den Seelsorgern, sondern auch in den Gemeinden zu stärken und es dann auszuweiten auch auf andere Arbeitsfelder, das wird eine Herausforderung der Zukunft sein.

domradio.de: Es scheint allerdings auch eine Unzufriedenheit hinsichtlich Organisation und Leitung zu geben. Nehmen Sie sich das zu Herzen?

Pfarrer Weißkopf: Wir haben es wohl mit einer qualitativen Überforderung zu tun. Wir sind in einer Situation, in der wir merken: So wie wir zur Zeit arbeiten, kommen wir an unsere Grenzen. Wir sehen noch nicht alle Möglichkeiten. Die ergeben sich erst, wenn wir über neue - auch geistliche Wege - in die Zukunft nachdenken mit den Menschen in unserer Gemeinde. Diese geistlichen Wege müssen dann auch wieder in ein Gefüge eingebracht werden. Unser jetziges Gefüge scheint es nicht ausreichend zu ermöglichen, einen geistlichen Weg mit den Menschen vor Ort zu gehen. Das müssen wir stärken.

domradio.de: Es ist viel die Rede von Priestermangel. Wie wollen Sie künftig damit umgehen?

Pfarrer Weißkopf: In der Studie werden einige Herausforderungen auch langfristiger Art auch für die Personalarbeit deutlich: Der Personaleinsatz, so wie wir ihn jetzt haben, also mit Leitendem Pfarrer, Pfarrvikar, Kaplan, Diakon, Pastoral- und Gemeindereferent, ist nicht differenziert genug. Ein Einsatz allein nach Berufsgruppen wird aufgebrochen werden müssen, um den Personen gerechter zu werden. Was die Personalentwicklung angeht: Diese hat sehr viel mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun. Wichtig ist nun, zu überlegen, wie es gelingt, Persönlichkeiten zu formen und zu entwickeln. Das fängt an bei der Ausbildung zum Priestertum oder bei den anderen Ausbildungswegen. Das in einer Linie durchzuziehen, um dort zu einer anderen Personalentwicklung im Bistum zu kommen, das ist die Herausforderung.

domradio.de: Die Studie zeigt auch, dass sowohl Geweihte als auch nicht geweihte Seelsorger über ein ähnliches spirituelles Fundament verfügen. Hat das Folgen für die Einsatzplanung auch von Laien?

Pfarrer Weißkopf: Es macht mich sehr froh, dass wir dieses geistlich-spirituelle Fundament haben, das alle Hauptamtlichen teilen. Das Fundament stimmt. Wenn wir die Gruppe der Getauften und Gefirmten betrachten: Diese Menschen werden sicher das prägende Bild einer zukünftigen Gemeinde sein. Und das wird auch das Berufsbild der Hauptamtlichen verändern. Wenn das Gesicht einer Gemeinde immer stärker durch die Getauften und Gefirmten geprägt wird, werden die Hauptamtlichen auch in die Aufgabe hineinwachsen müssen, das vor Ort zu ermöglichen und gemeinsam mit anderen Menschen möglich zu machen. Darin steckt auch eine Veränderung mancher Tätigkeiten, die für Hauptamtliche anstehen, sowohl für Priester, als auch für Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.


Quelle:
DR