Internationales Gericht entscheidet über Schicksal der Wale

Japan am Pranger

Japan steht wegen seines Walfangs am Pranger, jetzt auch vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag: Australien und Neuseeland wollen die Jagd auf die Meeressäuger ein für alle Mal unterbinden.

Waalfang (dpa)
Waalfang / ( dpa )

Trotz internationaler Proteste fangen und töten japanische Walfänger seit mehr als 25 Jahren Wale im Südpazifik. Die Meeressäuger sind eigentlich international geschützt, doch nutzen die Japaner ein Schlupfloch, das die Waljagd zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt. Tierschützer sind empört und stören die Flotte jedes Jahr mit immer riskanteren Manövern. An diesem Mittwoch kommt der Streit um den Walfang vor den internationalen Gerichtshof in Den Haag. Australien und Neuseeland wollen ein Ende des Walfangs erzwingen.

Der Prozess soll "ein für alle Mal feststellen, dass der japanische Walfang nicht wissenschaftlichen Zwecken dient sondern gegen internationales Recht verstößt", sagt Australiens Chefankläger Mark Dreyfus. Seit 1946 gibt es das "Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs", um die Bestände zu schützen. 1986 wurde der kommerzielle Walfang verboten, aber mit Ausnahmen: für indigene Völker, und "zu wissenschaftlichen Zwecken".

Chancen stehen Fifty-Fifty

"Australien argumentiert, dass Japan dieses Recht missbraucht und im Namen der Wissenschaft in Wirklichkeit kommerziell fischt", sagt Don Anton, Jura-Professor an der Australian National University in Canberra. "Wenn der Gerichtshof zustimmt, könnte er die Fangmengen begrenzen, aber nicht den Walfang per se." Er räumt Australien und Neuseeland eine 50-prozentige Siegchance ein.

Für Japan ist die Sache klar: "Artikel VIII der Konvention erlaubt Walfang zu Wissenschaftszwecken", sagt Taku Sasaki, Sprecher der Fischereibehörde. Japan stelle der Walfangkommission die Ergebnisse seiner Forschungen jedes Jahr zur Verfügung, sagt eine Sprecherin des Walforschungsinstituts (ICR) in Tokio. Sasaki räumt aber ein: "Die Nebenerzeugnisse des wissenschaftlichen Walfangs dürfen natürlich verkauft werden." Die Nebenerzeugnisse, das waren im vergangenen Jahr 103 Zwergwale, die japanische Schiffe aus dem Südpazifik gezogen hatten.

Das Paradoxe: die Japaner selbst sind gar nicht mehr so heiß auf Walfleisch. "Die Essensgewohnheiten haben sich geändert", sagt Sataki. Nur in einigen Gegenden sei das Fleisch noch gefragt. Viel werde heute in Schulkantinen verarbeitet. Die Lagerbestände seien in diesem April auf knapp 4000 Tonnen gestiegen. Vor gut zehn Jahren war es zum gleichen Zeitpunkt etwa die Hälfte.

Urteil noch in diesem Jahr

Tierschützer sagen, dass einflussreiche Bürokraten den Walfang am Laufen halten - ehemalige Beamte aus dem Fischereiministerium etwa, die heute im Walforschungsinstitut arbeiten und so ihre Arbeitsplätze sichern. Sie haben sich 2011 sogar 2,3 Milliarden Yen (17,9 Millionen Euro) aus dem Sondertopf für den Wiederaufbau nach dem Tsunami gesichert - für "Walfang zu Wissenschaftszwecken" und Schutzmaßnahmen gegen die Walgegner, sagt Sataki. Einen Zusammenhang zwischen Tsunami und Walfang gibt es eigentlich nicht.

Das Urteil des Gerichtshofs könnte noch in diesem Jahr fallen, kurz vor Beginn der neuen Walfangsaison im Januar. "Das könnte das Ende dieser Schwindelnummer im Namen der Wissenschaft sein", hofft Australiens Greenpeace-Sprecher Nathaniel Pelle. Norwegen und Island fangen ganz offiziell Wale. Sie haben Einspruch beziehungsweise Vorbehalt gegen das Walfang-Moratorium eingelegt und fühlen sich deshalb nicht daran gebunden.

Prozess hin oder her, die Tierschutzorganisation Sea Shepherd International ist wieder bereit, gegen die japanische Flotte anzutreten: "Wir planen unsere umfangreichste Aktion: "Operation gnadenlos"", sagt Sprecher Adam Burling. Sea Sheperd hat nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahren 4000 Wale gerettet