US-Präsident Joe Biden lädt zu virtuellem Klimagipfel

Die Welt wachrütteln

Europa hat ein neues Klimagesetz, die USA wollen mit ambitionierten Maßnahmen gleichziehen. Vor dem von Joe Biden initiierten Klimagipfel stellt sich die Frage: Kommt frischer Schwung in die internationale Klimapolitik?

Autor/in:
Joachim Heinz
Jeder kann zum Umweltschutz beitragen / © Porapak Apichodilok (Pexels)
Jeder kann zum Umweltschutz beitragen / © Porapak Apichodilok ( Pexels )

Als "Meilenstein" hat US-Päsident Joe Biden den von ihm initiierten Klimagipfel angekündigt. Mit dem virtuellen Treffen am Donnerstag und Freitag will er für mehr Tempo im Kampf gegen die Erderwärmung sorgen, die Welt wachrütteln. Und er will die für den Umweltschutz verlorenen Jahre unter seinem Vorgänger Donald Trump vergessen machen. Der hatte den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klima-Abkommen zu verantworten. Biden machte diesen Schritt rückgängig und ernannte einen Sonderbeauftragten für den Klimaschutz: John Kerry, der auch in Paris mit am Verhandlungstisch saß.

Die in der französischen Hauptstadt 2015 abgeschlossene Vereinbarung sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, möglichst sogar 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dazu soll der Ausstoß von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen wie Methan oder Lachgas reduziert werden. Die Länder legen hierfür Beiträge vor, die Nationally Determined Contributions (NDC).

Bidens Ziele für die Klimapolitik

Um diese Selbstverpflichtungen soll es auch bei Bidens Gipfel gehen. Denn das, was bisher auf dem Tisch liegt, reicht bei weitem nicht aus, um die Ziele von Paris zu erreichen. Die USA peilen bis 2030 eine deutliche Reduzierung ihrer Emissionen an. Biden selbst hatte zudem betont, bis 2050 CO2-Neutalität erreichen zu wollen. Letzteres strebt auch die EU an, die sich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch nach monatelangen Verhandlungen auf ein Klimagesetz verständigte. Bereits bis 2030 sollen die CO2-Emissionen europaweit um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 sinken.

Während die verantwortlichen Politiker die Einigung als historischen Schritt feiern, treten Nichtregierungsorganisationen auf die Euphorie-Bremse. Misereor-Expertin Kathrin Schroeder kritisierte, dass die von der EU anvisierten Einsparungen bei den CO2-Emissionen mit wieder aufgeforsteten Wäldern oder renaturierten Mooren als natürlichen Kohlenstoffspeichern verrechnet werden können. Dadurch werde der tatsächliche Rückgang nach aller Wahrscheinlichkeit geringer ausfallen. Die EU habe "die Chance verspielt, neue Maßstäbe im internationalen Klimaschutz zu setzen", kommentiert der Politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals.

Viele Länder leiden unter den Entwicklungen

Unterdessen heizt sich die Atmosphäre weiter auf. Der unlängst vorgestellte Klimabericht der Weltwetterorganisation WMO hält fest, dass das vergangene Jahr zu den drei wärmsten Jahren seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen gehörte. CO2-Gehalt in der Atmosphäre, Höhe des Meeresspiegels und Ozeantemperaturen: überall verzeichneten die Experten Rekordwerte. Die globale Durchschnittstemperatur lag demnach 1,2 Grad über dem vorindustriellen Niveau.

Das heißt im Umkehrschluss: Schon jetzt leiden manche Länder massiv unter den Folgen dieser Entwicklung. Einige von ihnen wie Jamaika, Bangladesch oder Kenia sind nun bei dem virtuellen Klimagipfel zugegen. Sie werden darauf dringen, dass die Hauptverursacher des Klimawandels - das sind vor allem die Industrieländer - die Verluste und Schäden in den ärmeren Staaten stärker finanziell ausgleichen.

Neue Dynamik?

Punkten kann Biden schon jetzt damit, dass er China, den derzeit größten CO2-Emittenten, ebenso wie Russland und Indien oder das unter Jair Bolsonaro nicht nur in Umweltfragen irrlichternde Brasilien miteinander ins Gespräch bringt. Ob das die USA schon wieder für einen Führungsanspruch in der Klimapolitik qualifiziert, bezweifelt Germanwatch-Geschäftsführer Bals. "Aber sie können eine Kraft werden, die für neue Dynamik sorgt: einerseits durch mehr Klimaschutz im eigenen Land und andererseits durch Unterstützung starker Zielankündigungen anderer Staaten bei Bidens Klimagipfel."

Spätestens Ende des Jahres wird sich zeigen, wie viel die bei dem jetzt bevorstehenden Treffen gemachten Zusagen wert sind. Dann findet im schottischen Glasgow die nächste reguläre Weltklimakonferenz statt. Ursprünglich war das Großevent im November 2020 geplant, in den letzten Zügen der Amtszeit von Donald Trump. Wegen Corona musste es verlegt werden. Immerhin die politische Großwetterlage hat sich in der Zwischenzeit deutlich geändert.


Joe Biden / © Alex Brandon (dpa)
Joe Biden / © Alex Brandon ( dpa )
Quelle:
KNA