Bundestag beschließt Verbot von Plastiktüten

"Inbegriff der Ressourcenverschwendung"

Afrika macht es vor: In vielen Ländern herrschen strenge Plastiktüten-Verbote. Deutschland hatte bislang Verbote eher abgelehnt. Doch jetzt hat der Bundestag nachgezogen. Für Umweltschützer hat das Verbot vor allem Symbolcharakter.

Autor/in:
Christoph Arens
Bye, bye, Plastiktüte! / © Christoph Schmidt (dpa)
Bye, bye, Plastiktüte! / © Christoph Schmidt ( dpa )

Sie sind das wohl bekannteste Symbol der Wegwerf- und Konsumgesellschaft: Pro Jahr haben die Deutschen zuletzt knapp zwei Milliarden Plastiktüten in den Müll geworfen. Das wird sich ändern: Am Donnerstagabend - ausgerechnet am Vorabend des weltweiten Konsumfests "Black Friday" - beschloss der Bundestag, dass in deutschen Geschäften und Supermärkten ab 2022 keine Einkaufstüten aus Plastik mehr angeboten werden dürfen.

Verboten sind dann die Standard-Tüten, die man üblicherweise an der Ladenkasse bekommt. Ausgenommen sind besonders stabile Mehrweg-Tüten sowie die dünnen Plastikbeutel, die etwa in der Obst- und Gemüseabteilung verwendet werden.

"Die Plastiktüte ist der Inbegriff der Ressourcenverschwendung", erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Alternativen seien Einkaufskörbe, waschbare Stoffbeutel für Obst und Gemüse und wiederverwendbare Boxen für Waren von der Frischetheke. Für die Reform des Verpackungsgesetzes stimmten CDU/CSU, SPD und Grüne. AfD und FDP sprachen von einem ungerechtfertigten Eingriff in den Markt, der keine Vorteile für die Umwelt bringe.

Für Umweltschützer vor allem Symbolcharakter

Auch für Umweltschützer hat das Verbot vor allem Symbolcharakter. Lediglich ein Prozent des deutschen Kunststoffverbrauchs entfalle auf Plastiktüten, erklärte der WWF. Umweltschutzverbände dringen seit langem auf ein umfassendes Konzept zur Verringerung von Plastikmüll.

2016 verursachte jeder Deutsche rund 38 Kilogramm Plastikabfall, so der Plastikatlas der Heinrich Böll Stiftung. Ein Spitzenplatz in der EU. Initiativen wie der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) laden deshalb beispielsweise zum Plastikfasten ein. Plastik ist mittlerweile überall. Es treibt in riesigen Müllteppichen auf den Meeren, ist bis in die Antarktis vorgedrungen. Mikroskopisch kleine Partikel gelangen über Meerestiere in die Nahrungskette.

Größere Müll- und Plastikteile werden vielen Meerestieren zum Verhängnis. Insgesamt wird geschätzt, dass weltweit eine bis fünf Billionen Plastiktüten pro Jahr verbraucht werden. Würden sie zusammengebunden, könnten sie eine Fläche bedecken, die doppelt so groß ist wie Frankreich.

Für ein sofortiges Verbot hatte sich deshalb im vergangenen Jahr auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ausgesprochen. Er hält das Plastik-Problem für eine Überlebensfrage der Menschheit und gründete 2019 eine internationale Allianz zur Vermeidung von Abfall, der Firmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen angehören, darunter Nestle und Coca-Cola, der Grüne Punkt, mehrere Universitäten und der WWF.

Freiwillige Vereinbarung

Deutschland hatte bislang Verbote eher abgelehnt. Eine 2015 verabschiedete EU-Richtlinie verpflichtete die Mitgliedsstaaten, bis 2025 nur noch 40 Plastiktüten pro Kopf und pro Jahr zu verbrauchen.

2016 schlossen die Bundesregierung und der Handelsverband Deutschland eine freiwillige Vereinbarung: Viele Anbieter verzichteten ganz auf Plastiktüten, andere führten eine Bezahlpflicht ein. Der Verbrauch pro Kopf sank daraufhin nach Angaben der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung von 68 Tüten pro Kopf 2015 auf 24 Tüten 2018. Der Handelsverband sieht das als Erfolg an und fühlt sich wegen des Verbots verschaukelt.

Afrika hat vorgemacht, dass gesetzliche Regelungen in diesem Bereich durchsetzbar sind. Mehr als 25 afrikanische Länder haben nationale Verbote eingeführt. In Ruanda etwa wurden Plastiktüten bereits 2008 komplett verboten. Wer mit einer der Tüten erwischt wird, muss Strafe zahlen. Eingeführte Plastiktüten werden vom Zoll sofort beschlagnahmt. Unternehmer, die illegal Plastiktüten nutzen, landen auch schon mal für einige Monate im Gefängnis. Ruandas Hauptstadt Kigali gilt mittlerweile als sauberste Stadt des ganzen Kontinents.

Derzeit ist Kenia das Land mit dem härtesten Anti-Plastiktüten-Gesetz in Afrika. Wer trotz des Verbotes Plastiktüten verkauft, dem drohen Geldstrafen bis zu 40.000 US-Dollar und bis zu vier Jahre Gefängnis. Auch wer eine Plastiktüte mit sich trägt, kann mit bis zu 35.000 US-Dollar bestraft werden.


Plastik im Meer - eine Gefahr für die Meeresbewohner / © MIKE NELSON (dpa)
Plastik im Meer - eine Gefahr für die Meeresbewohner / © MIKE NELSON ( dpa )

Auch Meeresschildkröten sind bedroht – Stichwort Mikroplastik (shutterstock)
Auch Meeresschildkröten sind bedroht – Stichwort Mikroplastik / ( shutterstock )
Quelle:
KNA