Ein Besuch auf dem Wiener Tierfriedhof

Die letzte Ruhe für "Amber", "Mausi" und "Micky"

Der Wiener Tierfriedhof fungiert als würdevolle Alternative zur herkömmlichen Tierkörperbeseitigung. Das verlangt nach einer ähnlichen Pietät wie für Menschen.

Autor/in:
Andreas Drouve
Grab auf einem Tierfriedhof / © Harald Oppitz (KNA)
Grab auf einem Tierfriedhof / © Harald Oppitz ( KNA )

"Amber" wurde nur zwei Jahre alt. Ein Hundeteenager, der zu früh gehen musste. "Die treuesten vier Pfoten", steht auf einem Täfelchen über dem Urnengrab. Durch das Glas blickt man auf kleine Plüschtiere, ein eingerahmtes Hundefoto, ein Bällchen in einem roten Damenschuh. Dagegen hatte "Baby Georgi" ein sechzehnjähriges Dackelleben. Beim Katzendoppelgrab von "Micky" (1997-2010) und "Mausi" (1997-2014) ist zu lesen: "Ewig im Herzen" und "In Liebe unvergessen".

Tierbestattungen historisch belegt

Der Wiener Tierfriedhof, nur durch eine breite Straße und eine Zugangsschneise vom riesigen Zentralfriedhof mit seinen 3,3 Millionen Verstorbenen getrennt, hat seit 2011 vielen hundert Haustieren ihre letzte Ruhe gegeben. Ein Zeichen dafür, wie sehr diese den Menschen zu Lebzeiten ans Herz gewachsen sind. Dabei ist die Beisetzung von Tieren kein neuer Bestattungstrend.

Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass es bereits vor tausenden Jahren rituelle Tierbestattungen gab, darunter im alten Ägypten. Ein Vorreiter der organisierten, modernen Tierfriedhöfe war Ende des 19. Jahrhunderts die Anlage des Hundefriedhofs im französischen Asnieres-sur-Seine, der als weltweit bekanntester gilt. Heute sind Tierfriedhöfe in zahlreichen europäischen Ländern zu finden. Allein für Deutschland listet das Portal "Animals-digital" derzeit über 40 Tierfriedhöfe auf.

Ruhestätte für Hund, Katze, Kaninchen und Vögel

Auf dem Wiener Areal haben vornehmlich Hunde und Katzen ihre letzte Ruhestätte gefunden, aber auch einige Kaninchen, Vögel und eine Schlange. In einer Vitrine am Friedhofszugang halten den Besitzern drastische Worte vor Augen, was ansonsten mit einem Tier nach dem Ableben passiert wäre: "Der Tierarzt ist verpflichtet, den Körper der Tierkörperverwertung zukommen zu lassen. Ihr Tier wird dann gemeinsam mit Schlachtabfällen für verschiedenste Artikel weiterverwertet."

Eine schreckliche Vorstellung für viele Tierfreunde. Ein Indiz ist die liebevolle Gestaltung der grünen, parkähnlichen Anlage, die sich über 2.500 Quadratmeter erstreckt. Es gibt Holzbänke, kleine Wiesenflächen, Raum zum Innehalten. Die Tiergräberfelder sind kreisförmig angelegt.

Das alles hat seinen Preis. Ein Kleintiergrab für einen Körper bis zu zwei Kilo und befristet auf zwei Jahre kostet 295 Euro - inklusive Mehrwertsteuer, Holzgedenkzeichen, Inschrift und Kartonsarg. Den Holzsarg gibt es gegen Aufpreis, ein Verlängerungsjahr wird mit 55 Euro in Rechnung gestellt. Dagegen schlägt ein Tiergrab von zweieinhalb Quadratmetern für drei Körper bis 70 Kilo, zwei Urnen und fünf Jahren Laufzeit mit 670 Euro zu Buche. Finanziell bewegt sich ein Fünfjahrespaket für professionelle Grabpflege in ähnlichen Dimensionen.

Liebevoll gestaltete Grabstätten

Auf einigen Gräbern drehen sich bunte Windräder, andere sind mit Kunstblumen oder Pflanzengestecken geschmückt, Kerzen brennen in Laternchen. In kleinen Beeten sind Gartenzwerge oder Minidrachen zu entdecken. Nur selten wuchert Unkraut. Die Liebe zum Detail und zum Tier bezeugen überdies kleine Skulpturen. Mal ein Kaninchen, ein Kätzchen, eine Eule.

"Man kann gestalten, wie man möchte, aber es muss pietätvoll sein", sagt Florian Keusch, der als Presseverantwortlicher sonst eher für Wiener "Menschenfriedhöfe" zuständig ist. Aufwendige Vorhaben wie die Errichtung steinerner Mausoleen oder die Art der Grabsteine seien vorher abzusprechen, so Keusch. Auch sonst ist das Angebot vergleichbar mit dem für Todesfälle von Menschen - etwa mit der Möglichkeit, in einer eigenen Aufbahrungshalle Abschied zu nehmen. Trauernde Tierhalter können mit den Mitarbeitern des Tierfriedhofs alle Fragen rund um die Bestattung klären; die Rufnummer ist rund um die Uhr besetzt.

Dankbarkeit, Trauer und Zuneigung

Dankbarkeit für das Gewesene und Trauer fließen hier ineinander, tiefe Zuneigung und die Gewissheit um den Abschied für immer. "Von der Erde gegangen, im Herzen geblieben", heißt es auf dem Grab von Katze "Minka". "Danke für die schöne Zeit", steht auf einem winzigen Stein am Erdgrab von Hund "Ares", der knapp fünfzehn Jahre mit seiner Familie erleben durfte.

Besonderen Aufwand haben die Halter des Vierbeiners "Axi" getrieben: mit einem massigen schwarzen Grabstein, auf dem "Du warst mein Alles" prangt, und einem kleinen Pflanzentunnel mit Hängelampen davor. Bei Hund "Shilla" wacht ein kleiner Engel am Grab, bei "Gismo" liegt ein steinernes Herz mit der Aufschrift: "Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man durch den Tod nicht verlieren."

Was für den Verlust lieber Menschen gilt, das gilt auch bei Haustieren - das begreift jeder, der hier als Besucher an den Gräbern entlang streift. Die, die hier ruhen, sind ihren Menschen wichtige Weggefährten gewesen - verständige Trost- und Freudespender, Partner, treue Begleiter in allen Lebenslagen. Eines ist gewiss: Die Liebe der Menschen geht weit über den Tod ihrer Haustiere hinaus.


Quelle:
KNA