Die EU hat es beschlossen, nun setzt Deutschland es um: Ab Mitte 2021 sollen Plastik-Strohhalme, -besteck und andere Wegwerfartikel aus Kunststoff aus den Läden verschwinden. Der Bundestag soll noch weitere Beschlüsse gegen Müllberge und für Recycling fassen. Ein Überblick über die Pläne der Koalition, die aller Voraussicht nach vom Bundestag beschlossen werden
EINWEGPLASTIK: Wegwerfprodukte, für die es gute Alternativen gibt, sollen ab 3. Juli 2021 nicht mehr verkauft werden dürfen. Darauf haben die EU-Staaten sich geeinigt, nun muss jeder Mitgliedsstaat es in nationales Recht übertragen. Tabu sind dann Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Plastik, außerdem Becher und Behälter für Essen aus Styropor.
RETOUREN-VERNICHTUNG: Es ist unklar, wie viele zurückgegebene und zurückgeschickte Waren im Handel zu Abfall werden - da fehlen Daten. Mit einer neuen "Obhutspflicht" bekommt der Staat eine rechtliche Handhabe gegen die Vernichtung von Neuware oder Retouren. Es gibt damit eine Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Waren gebrauchstauglich bleiben und nicht zu Abfall werden. Eine Transparenzverordnung soll dafür sorgen, dass Händler und Hersteller besser dokumentieren, was mit Waren passiert. Details dazu sind noch offen.
HERSTELLER ZAHLEN FÜR REINIGUNG: Wer etwa Einwegbecher oder Zigaretten in Verkehr bringt, kann künftig an den Kosten beteiligt werden, die für die Entsorgung anfallen. Das wird erst mal nur ermöglicht, Details sind noch zu klären. Ziel ist, die Hersteller dazu zu bringen, auf Mehrweg-Verpackungen zu setzen.
STAAT KAUFT UMWELTFREUNDLICH: Der Bund, seine Behörden und Unternehmen werden verpflichtet, bei der Auftragsvergabe Produkte zu bevorzugen, die umweltfreundlich und ressourcenschonend sind - die also etwa aus recyceltem Material hergestellt sind. Das soll den Absatzmarkt für solche Produkte vergrößern. Auch, wie gut Dinge sich reparieren lassen oder ob sie Schadstoffe enthalten, kann dabei eine Rolle spielen, solange nicht zu hohe Mehrkosten entstehen.
BATTERIEGESETZ: Das Gesetz regelt vor allem den Wettbewerb zwischen den Rücknahmesystemen. Anders als im Entwurf aus dem Bundesumweltministerium vorgesehen, wird die Sammelquote für Batterien von 45 auf 50 Prozent leicht erhöht - allerdings lag sie in der Praxis zuletzt schon bei gut 52 Prozent. Aus der Opposition hatte es zusätzliche Forderungen gegeben, etwa nach einem Batteriepfand, höheren Sammelquoten, neuen Regeln für die Rücknahme etwa von Batterien von E-Bikes oder zur Verhinderung von Bränden. (dpa)
17.09.2020
Nun soll es amtlich werden: Der Bundestag will das EU-Verbot für Einwegplastik beschließen. "Das geht in die richtige Richtung", sagt Christian Weingarten, der Umweltbeauftragte im Erzbistum Köln. Aber es sei trotzdem noch viel Luft nach oben.
DOMRADIODE: Schaffen wir es beim Thema Umwelt immer nur mit Verboten? Uns sollte eigentlich allen klar sein, dass wir die Schöpfung bewahren müssen, oder?
Christian Weingarten (Umweltbeauftragter im Erzbistum Köln): Genau. Eigentlich brauchen wir viel mehr Bewusstsein dafür, dass wir das Konsumverhalten von jedem einzelnen ändern müssen. Bei manchen helfen nur Verbote. Ich finde aber, es müsste der letzte Weg sein.
Wir müssen vielmehr Kampagnen schaffen, wo wir die Menschen mitnehmen können und begeistern können und sagen können: Wenn wir unser Konsumverhalten ändern, dann geben wir vielleicht ein bisschen was mehr aus, gewinnen aber viele andere Sachen, wie zum Beispiel eine wunderbare Schöpfung, eine wunderbare Natur und vor allen Dingen eine saubere Natur - gerade was das Thema Müll angeht.
DOMRADIODE: Heute gibt es einen möglichen Beschluss dazu im Bundestag. Das muss dann natürlich auch noch durch den Bundesrat, das könnte recht zügig gehen. Aber wirklich umgesetzt wird es dann erst wahrscheinlich Mitte 2021. Bis dahin ist schon wieder sehr viel Plastik im Müll gelandet. Wie ist die Situation in Sachen Plastik denn aktuell?
Weingarten: Genau, das wird noch eine lange Zeit dauern. Bis dahin wird wieder viel Müll produziert. Es gab jetzt ein schönes Beispiel in Köln, wo am Wochenende ganz viel Müll am Rhein gesammelt wurde, was wieder gezeigt hat, wie viele Tonnen Müll auch am Rheinufer liegen.
Da ist viel Einwegplastik dabei, was auch, zumindest bis das Verbot nächstes Jahr in Kraft tritt, weiter so sein wird. Da brauchen wir eine deutlich höhere Geschwindigkeit bei solchen Regeln und der Umsetzung sowie vor allen Dingen auch noch viel weitreichendere Regeln.
Diese müssen dahingehend ausgerichtet sein, dass wir quasi unser gesamtes Konsumverhalten ändern, also nicht nur auf die Verpackung gucken, sondern auch darauf schauen, woher unsere Lebensmittel kommen. Wo werden die produziert? Was verbrauchen die Lebensmittel auch auf dem Weg des Transports für eine CO2-Emissionen?
Wir benötigen eine gesamtheitliche Betrachtung, um endlich unser Klima zu retten, das im Moment in einer Krisensituation ist. Da brauchen wir relativ schnelle Lösungen und können nicht immer bis zum nächsten Jahr warten, bis wir dann erst mal nur die Einwegplastikmittel verbieten.
DOMRADIODE: Es stehen auch weitere Aspekte im Bundestag auf der Agenda. Es geht nicht nur um Einwegplastik, sondern auch um Retourenvernichtung. Auch ein Batterie-Gesetz ist Diskussionsgegenstand. Geht das in die richtige Richtung?
Weingarten: Das geht in die richtige Richtung. Es gibt die sogenannten "Big five" für unser Konsumverhalten. Da geht es vor allen Dingen um die Frage, woher unsere Lebensmittel kommen und in dem Zusammenhang um den Aspekt, dass man zumindest den Flugverkehr deutlich einschränkt, weil dieser Part einen sehr großen Anteil an CO2-Emissionen hat.
Es geht ferner um die Frage, was wir konsumieren wir. Da kommen die ganzen tierischen Produkte immer wieder zur Diskussion, weil die eben sehr viel CO2 emittieren, für das Grundwasser schlechte Bedingungen liefern und natürlich auch relativ viele Flächen wegnehmen.
Da gibt es viele verschiedene Aspekte, die noch viel mehr Einfluss auf die CO2-Emissionen und auf unsere Umwelt haben, als die Punkte, die jetzt angegriffen werden. Die sind auch wichtig, ja, aber es sind relativ kleine Aspekte. Meiner Meinung nach müssen wir langsam den ganz großen Hebel ansetzen und uns da darum kümmern, dass wir da nach vorne kommen, auch in Deutschland.
DOMRADIODE: Der Bund will mit positivem Verhalten vorangehen. Behörden und Unternehmen werden auch verpflichtet, zum Beispiel bei der Auftragsvergabe Produkte zu bevorzugen, die umweltfreundlich und ressourcenschonend sind. Denken Sie, dem Verhalten wird der einzelne Bürger folgen?
Weingarten: Wenn Kommunen oder zum Beispiel auch wir als Kirche das den Menschen gut kommunizieren können und sagen, wir beauftragen jetzt ein bestimmtes Unternehmen, weil die Umweltaspekte deutlich mehr berücksichtigt werden oder weil ein Unternehmen bereits klimaneutral arbeitet, dann halte ich das für erfolgversprechend.
Wenn wir es schaffen, unseren Bürgern und Kirchenmitgliedern zu erklären, dass wir etwas machen, das wirklich sinnvoll für unsere Schöpfung ist und diese Kommunikation richtig aufstellen, dann kommt es auch an. Und dann motiviert es hoffentlich alle Menschen, die dann selbst in den Supermarkt gehen und vielleicht eher die Tomate oder die Gurke nehmen, die nicht verpackt ist.
Das Interview führte Verena Tröster.
Die EU hat es beschlossen, nun setzt Deutschland es um: Ab Mitte 2021 sollen Plastik-Strohhalme, -besteck und andere Wegwerfartikel aus Kunststoff aus den Läden verschwinden. Der Bundestag soll noch weitere Beschlüsse gegen Müllberge und für Recycling fassen. Ein Überblick über die Pläne der Koalition, die aller Voraussicht nach vom Bundestag beschlossen werden
EINWEGPLASTIK: Wegwerfprodukte, für die es gute Alternativen gibt, sollen ab 3. Juli 2021 nicht mehr verkauft werden dürfen. Darauf haben die EU-Staaten sich geeinigt, nun muss jeder Mitgliedsstaat es in nationales Recht übertragen. Tabu sind dann Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Plastik, außerdem Becher und Behälter für Essen aus Styropor.
RETOUREN-VERNICHTUNG: Es ist unklar, wie viele zurückgegebene und zurückgeschickte Waren im Handel zu Abfall werden - da fehlen Daten. Mit einer neuen "Obhutspflicht" bekommt der Staat eine rechtliche Handhabe gegen die Vernichtung von Neuware oder Retouren. Es gibt damit eine Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Waren gebrauchstauglich bleiben und nicht zu Abfall werden. Eine Transparenzverordnung soll dafür sorgen, dass Händler und Hersteller besser dokumentieren, was mit Waren passiert. Details dazu sind noch offen.
HERSTELLER ZAHLEN FÜR REINIGUNG: Wer etwa Einwegbecher oder Zigaretten in Verkehr bringt, kann künftig an den Kosten beteiligt werden, die für die Entsorgung anfallen. Das wird erst mal nur ermöglicht, Details sind noch zu klären. Ziel ist, die Hersteller dazu zu bringen, auf Mehrweg-Verpackungen zu setzen.
STAAT KAUFT UMWELTFREUNDLICH: Der Bund, seine Behörden und Unternehmen werden verpflichtet, bei der Auftragsvergabe Produkte zu bevorzugen, die umweltfreundlich und ressourcenschonend sind - die also etwa aus recyceltem Material hergestellt sind. Das soll den Absatzmarkt für solche Produkte vergrößern. Auch, wie gut Dinge sich reparieren lassen oder ob sie Schadstoffe enthalten, kann dabei eine Rolle spielen, solange nicht zu hohe Mehrkosten entstehen.
BATTERIEGESETZ: Das Gesetz regelt vor allem den Wettbewerb zwischen den Rücknahmesystemen. Anders als im Entwurf aus dem Bundesumweltministerium vorgesehen, wird die Sammelquote für Batterien von 45 auf 50 Prozent leicht erhöht - allerdings lag sie in der Praxis zuletzt schon bei gut 52 Prozent. Aus der Opposition hatte es zusätzliche Forderungen gegeben, etwa nach einem Batteriepfand, höheren Sammelquoten, neuen Regeln für die Rücknahme etwa von Batterien von E-Bikes oder zur Verhinderung von Bränden. (dpa)