Wie eine Ärztin Weihnachten und Neujahr in der Antarktis erlebt

"Ich habe versucht, Weihnachten auszublenden"

Zum Jahreswechsel werden Kisten geschleppt: Dr. Birgit Steckelberg arbeitet als Ärztin auf einer Forschungsstation in der Antarktis. Die Tage sind dunkel und kalt. Weihnachten ist besonders hart, sagt sie.

Schnee in der Dunkelheit / © mexrix (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Seit dem 15. Dezember 2018 sind Sie in der Antarktis für das Alfred-Wegener-Institut auf der Polarforschungsstation "Neumayer III" im Einsatz. Worauf blicken Sie nach einem Jahr zurück?

Dr. Birgit Steckelberg (Ärztin auf der Antarktis-Station Neumayer III): Ich bin aus meinem Krankenhausalltag heraus praktisch direkt hier in die Antarktis gefahren, nach viermonatiger Vorbereitung, und habe ganz viel Neues erlebt, gesehen, viele neue Menschen kennengelernt, den Horizont unglaublich erweitert.

DOMRADIO.DE: Auch den Jahreswechsel haben Sie mal ganz anders erlebt. Wie sind Sie mit den Kollegen ins neue Jahr gekommen?

Steckelberg: Mit ganz viel Schwung. denn wir haben wetterbedingt eine Schiffsentladung direkt am Jahreswechsel gehabt. Unser Versorgungsschiff, das Proviant und Ersatzteile für ein komplettes Jahr bringt, ist gestern gekommen. Wir haben seitdem im Prinzip durchgearbeitet und den Jahreswechsel gerade eben noch so registriert.

DOMRADIO.DE: Das heißt, jetzt wird immer noch ausgepackt?

Steckelberg: Hier ist ein riesiges Gewusel auf der ganzen Station. Hubwagen und Paletten werden hin und her geschoben, von einem Deck aufs nächste. Der Fahrstuhl ist praktisch pausenlos im Einsatz. Alle Sommerkollegen, alle Forscher, das gesamte Technik-Team sind hier im Einsatz und laufen hin und her.

DOMRADIO.DE: Was hatte das Schiff denn an Bord?

Steckelberg: Das Essen für die neuen Überwinterer. Unsere Nachfolger sind schon seit einer Woche hier. Das komplette Essen für ein Jahr und für die nächste Sommersaison war an Bord. Außerdem ein neues Laufband, weil das alte nach zehn Jahren unermüdlichen Dienstes tatsächlich am Anfang unserer Überwinterung kaputt kaputtgegangen ist. Außerdem Technikteile für die Pistenbullies, für die Station und für das Hospital neue Medikamente. Im Prinzip alles, was man hier so gebrauchen könnte.

DOMRADIO.DE: Weihnachten haben Sie natürlich auch dort unten erlebt. Wie schwer war es denn, in den letzten Tagen nicht in der Heimatstadt Hannover zu sein – und vor allem auch die Kinder nicht um sich zu haben?

Steckelberg: Das zweite Weihnachten war härter als das erste. Beim ersten Mal hatten wir die Gelegenheit, vorzufeiern. Wir haben zu Hause einfach klammheimlich den Heiligabend eine Woche vorverlegt. Das war natürlich dieses Jahr nicht möglich. Das war hart. Ich habe versucht, Weihnachten so ein bisschen auszublenden.

Aber wir haben natürlich auch ein Weihnachtsessen gehabt und ein bisschen weihnachtliche Stimmung hier hineingebracht. Aber ich glaube, es ging vielen ähnlich. Weihnachten gehört im Prinzip in die Familie, wenn man das so gewohnt ist.

DOMRADIO.DE: Sie haben schon gesagt, Sie haben ganz viele neue Erfahrungen gemacht. Welchen Eindruck haben Sie denn in die Forschungen erhalten, die dort unten vom Alfred-Wegener-Institut durchgeführt werden?

Steckelberg: Ich habe einen ganz intensiven Einblick bekommen. Man ist im Winter nur mit zu neunt hier, die Forschungsvorhaben müssen aber natürlich weiter durchgeführt werden. Alle sind darauf angewiesen, dass man sich gegenseitig hilft. Ich habe zum Beispiel auch an den Meereismessungen teilgenommen – im Halbdunkel, auf dem Meereis bei minus 35 Grad. Man bekommt einen Eindruck von dem Einsatz, den die Forscher hier bringen, um den Zustand der Erde zu erkunden und Daten zu sammeln.

DOMRADIO.DE: Haben Sie in der Antarktis nochmal eine andere Perspektive auf die Schöpfung bekommen?

Steckelberg: Ja, absolut. Obwohl einem ja ganz viele Dinge schon bewusst sind. Man hat ja viele, viele Informationen über den Zustand der Erde und die Bedrohung durch die Klimaveränderungen. Wenn man hier zum Beispiel das Wasser in Kanistern zum „Eden-Container“, zu unserem Gewächshaus, schleppt – und das Abwasser wieder zurück – durch Sturm und Dunkelheit und bei minus 40 Grad, dann bekommt man noch einmal ein anderes Gefühl für diese besondere Ressource.

So merkwürdig das klingt: Auch wenn man sich das vorher schon bewusst macht, geht man dann nach dieser direkten, körperlichen Erfahrung sparsamer mit solchen Dingen um.

DOMRADIO.DE: Gibt es da einen guten Vorsatz, den wir uns alle für 2020 vornehmen sollten?

Steckelberg: Bei allem, was man verbraucht, ganz genau hinschauen, ob man es wirklich verbrauchen muss, ob man sich unbedingt neue Dinge kaufen muss, ob man nicht alte Dinge so pflegen kann, dass sie länger halten. Dass man versucht, Wasser zu sparen, wo immer es geht. Ich denke darüber nach, was ich mit meinem Haus machen muss, um das umweltverträglicher zu gestalten, um Energien umweltverträglicher zu verbrauchen und einzusparen. Ich glaube, man kann ganz viel sparen – ganz, ganz viel. Das geht und es tut einem nicht weh.


Die deutsche Forschungsstation "Neumayer-Station III" / © Thomas Steuer/Alfred-Wegener-Institut/dpa (dpa)
Die deutsche Forschungsstation "Neumayer-Station III" / © Thomas Steuer/Alfred-Wegener-Institut/dpa ( dpa )
Quelle:
DR