Sir Edmund Hillary wurde vor 100 Jahren geboren

Er stieg als Erster vom Dach der Welt wieder heil herunter

Ein Imker aus Neuseeland stand 1953 auf dem Everest. Er war nicht allein, doch ging vor allem er als Eroberer des "dritten Pols" der Erde in die Geschichte ein. An diesem Samstag wäre Sir Edmund Hillary 100 Jahre alt geworden.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
Sir Edmund Hillary (r) mit dem Sherpa Tenzing Norgay (dpa)
Sir Edmund Hillary (r) mit dem Sherpa Tenzing Norgay / ( dpa )

Ob er wirklich der erste war dort oben? Oder nicht vielleicht doch erst der Zweite nach dem Briten George Mallory, der 1924 am Mount Everest verschwand, und dessen Leiche erst 1999 gefunden wurde? Noch immer läuft die Debatte in Alpinistenzirkeln.

Edmund Hillary, der mit Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 das Dach der Welt erklomm, sagte dazu einmal trocken: Beim Bergsteigen komme es nicht zuletzt darauf an, es auch wieder lebend hinunter zu schaffen.

Auch an der Frage, ob nicht vielleicht der Sherpa ein kleines bisschen früher den Fuß auf den 8.848 Meter hohen Gipfel gesetzt hatte, entzündete sich eine Kontroverse, die von angelsächsischen und asiatischen Medien heftig geführt wurde. Doch Hillary und sein Begleiter ließen sich nicht auseinanderdividieren und blieben zeitlebens befreundet.

Königin Elizabeth II. von England erreichte die Nachricht von der Großtat im Himalaya kurz vor ihrer Krönung. Sie erhob den Bergsteiger, der ihre Sprache sprach, umgehend in den Adelsstand und schlug ihn zum Ritter. Dabei beschämte den bescheidenen Neuseeländer, dass ihm die größeren Ehren zuteil wurden als seinem Gefährten, der beileibe nicht nur sein Träger gewesen war.

Dennoch ist seither vor allem Hillarys Name mit diesem Ereignis verbunden wie der von Neil Armstrong mit der ersten Mondlandung. Und wie beim Astronauten gibt es auch ein legendäres Zitat. "Wir haben den Bastard endlich erledigt", sagte der Gipfelstürmer zu seinem Expeditionsleiter nach der Rückkehr von der "Mutter des Universums" oder auch "Stirn des Himmels", wie der Berg in Tibet und Nepal heißt. Mit Armstrong flog Hillary 1985 übrigens gemeinsam zum Nordpol.

Unterstützung für die Sherpa

Der weltweit gefeierte Held vom Everest blieb ein Abenteurer. Im Himalaya suchte Sir Edmund den legendären Schneemenschen Yeti, den Ganges erkundete er von der Mündung bis zur Quelle, 1958 führte er die dritte Expedition auf dem Landweg zum Südpol. Wichtiger aber war dem Menschenfreund etwas anderes: Aus Dankbarkeit wollte er dem Volk der Sherpa etwas zurückgeben. 1960 errichtete der Bergsteiger im Nordosten Nepals eine Stiftung, den Himalayan Trust, zum Bau von Schulen und Krankenhäusern.

Für dieses Engagement bezahlte Hillary einen hohen persönlichen Preis: 1975 kamen seine Frau Louise und die 16-jährige Tochter Belinda bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe von Kathmandu ums Leben. 14 Jahre später heiratete er die Witwe eines Expeditionskameraden, der ebenfalls beim Absturz einer Maschine gestorben war.

Die weitere Entwicklung im Bergtourismus rund um den Everest verfolgte der Pionier zunehmend kritisch. Dass heute einigermaßen Gehtüchtige für einen mittleren fünfstelligen Betrag den Gipfel buchen und ihn auf einer durchgängig mit Seilen präparierten Piste ohne sonderliche technische Schwierigkeiten auch erreichen können, war ganz und gar nicht in seinem Sinne. Durch Überehrgeiz, Kommerz und Egoismus sah er die bergsteigerische Tugend der Kameradschaft auf der Strecke bleiben. Aktuelle Bilder von stundenlangen Staus auf seiner bis heute üblichen Route und mehrere hundert Todesfälle seit 1953 geben ihm leider recht. 

Staatsbegräbnis in Neuseeland

Als Hillary 2008 starb, bedachte ihn Neuseeland mit einem Staatsbegräbnis. Auf dem Sarg lag sein Eispickel vom Everest. Am Dach der Welt verblassen mittlerweile die Spuren des Erstersteigers. Die Schlüsselstelle kurz unter dem Gipfel, eine rund zwölf Meter hohe Felsformation, der berühmte "Hillary Step", ist verschwunden.

Experten vermuten, dass er nach dem fatalen Erdbeben 2015 kollabierte. Dass die nepalesische Regierung ernsthaft versucht hat, Bergsteigern unter Strafandrohung zu verbieten, sich dazu zu äußern, hätte dem Namensgeber zu Lebzeiten nur ein müdes Lächeln entlockt.

Und dann hätte er sich mit all seiner Kraft um die Menschen unter den Erdbebenopfern gekümmert.


Vögel fliegen vor dem Mount Everest / © Niranjan Shrestha (dpa)
Vögel fliegen vor dem Mount Everest / © Niranjan Shrestha ( dpa )

Sir Edmund Hillary im Jahr 2003 / © epa AAP White (dpa)
Sir Edmund Hillary im Jahr 2003 / © epa AAP White ( dpa )

Eine lange Schlange von Bergsteigern steht am Mount Everest / © Nirmal Purja (dpa)
Eine lange Schlange von Bergsteigern steht am Mount Everest / © Nirmal Purja ( dpa )
Quelle:
KNA