Abschlussbericht der Kohlekommission

Gemischte Reaktionen

Kohleausstieg bis 2038, rund 40 Milliarden Euro Hilfen für die betroffenen Regionen, Erhalt des Hambacher Forstes: Die Kohlekommission der Bundesregierung hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die Reaktionen fallen gemischt aus.

Die Sonne strahlt durch die riesige Dampfwolke, die das Kohlekraftwerk ausstößt / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Die Sonne strahlt durch die riesige Dampfwolke, die das Kohlekraftwerk ausstößt / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Als Beitrag zum Klimaschutz soll Deutschland bis spätestens 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Darauf verständigte sich die Kohlekommission der Bundesregierung, die ihren Abschlussbericht am Samstag in Berlin vorstellte.

Ob auch ein früherer Ausstieg bis 2035 möglich sein könnte, soll nach Vorstellung der Kommission 2032 überprüft werden, sagte der frühere CDU-Politiker Ronald Pofalla, einer der vier Vorsitzenden der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung", bei der Präsentation des Berichts. Der Strukturwandel in den betroffenen Regionen soll mit Finanzhilfen in Höhe von 40 Milliarden Euro flankiert werden.

Eingeschränktes Lob von Misereor

"Es ist gut, dass der für den globalen Klimaschutz so drängende Kohleausstieg nun auch in Deutschland endlich beginnt", twitterte das katholische Hilfswerk Miseroer noch am Samstag. Allerdings müsse der Ausstieg, "wenn die Bundesregierung die im IPCC-Sonderbericht zu 1,5 Grad zusammengefassten Erkenntnisse der Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ernst nimmt, deutlich beschleunigt werden", sagte Misereor-Chef Pirmin Spiegel am Samstag in Aachen.

Es sei gut, dass ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess wie der der Kohlekommission einen Kompromissvorschlag ergeben habe, der auch regelmäßige Schritte zur Überprüfung in den nächsten Jahren enthält. Für die Umsetzung müsse die Bundesregierung verstärkt das gesamtgesellschaftliche Wohl im Blick behalten. "Dazu gehört die globale Perspektive und die Übernahme von Verantwortung für den Klimawandel und seine Folgen für Milliarden Betroffene weltweit", sagte Spiegel. Schon heute verursache Deutschlands Energiesystem Schäden in mehr oder weniger weit entfernten Regionen dieser Erde, so der Misereor-Chef.

Das Hilfswerk verweist dabei auf Umweltschäden und schwere Menschenrechtsverletzungen in den Abbauregionen von Steinkohle, die in deutschen Kraftwerken weiterhin verbrannt werde. Die Energieunternehmen dürften nicht aus der Verantwortung entlassen werden, ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht über die gesamte Lieferkette nachzukommen, erklärte Spiegel.

"Gute Nachricht für Nordrhein-Westfalen"

Die Bundesregierung zeigte sich mit den Empfehlungen der Kohlekommission zufrieden. "Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auch die Klimaschutzziele der Bundesregierung für das Jahr 2030 würden erreicht. Altmaier kündigte an, die Bundesregierung werde die Vorschläge "sorgfältig und konstruktiv prüfen".

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bezeichnete das Ergebnis als "gute Nachricht für Nordrhein-Westfalen", da es die Klimaziele mit der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und dem Strukturwandel in den betroffenen Regionen verbinde. Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) lobte ebenfalls das Ergebnis. Es sei gelungen, alle für einen schnelleren Umbau der Energieversorgung in NRW und des rheinischen Reviers notwendigen Voraussetzungen zu erarbeiten.

Auch die nordrhein-westfälische SPD begrüßte die Entscheidung. Die Strukturmittel müssten nun zügig in die betroffenen Regionen investiert werden, forderte der Landesvorsitzende Sebastian Hartmann.

"Einstieg in den Ausstieg ist geschafft"

Auch die in der Kohlekommission vertretenen Umweltverbände bewerteten die Empfehlungen weitgehend positiv. "Der Einstieg in den Ausstieg ist geschafft", sagte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Kai Niebert. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser erklärte, bis zu fünf Kraftwerksblöcke müssten nun in den kommenden Jahren vom Netz genommen werden. Betroffen sei ausschließlich Westdeutschland. Genehmigung, Bau und Inbetriebnahme neuer Kraftwerke würden ausgeschlossen und neue Tagebaue verboten.

Der Umweltexperte der westfälischen Kirche, Klaus Breyer, bezeichnete das Ergebnis als "ein gutes Zeichen für die politische Kultur in Deutschland". Die Vorschläge zeigten einen Weg auf, der bei kontinuierlichem Rückbau der Kohle einen sozialverträglichen Strukturwandel ermögliche, der Stromkosten begrenze und die energieintensive Industrie wettbewerbsfähig halte, sagte der Leiter des landeskirchlichen Instituts für Kirche und Gesellschaft dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Angesichts der Klimakrise muss der Kohleausstieg jedoch noch ambitionierter ausfallen:"

Es braucht mehr als Kompromiss

Die Grünen kritisierten, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, brauche es mehr als der jetzige Kompromiss vorsehe. Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping kritisierte, die Vorschläge der Kohlekommission trügen "deutlich die Handschrift der Kohle-Lobby".

Der Energiekonzern RWE kritisierte die Vorschläge der Kohlekommission. Das empfohlene Abschlussdatum sei deutlich zu früh, sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz in Essen. Zudem kritisierte RWE den Wunsch der Kommission, den Hambacher Forst zu erhalten. Das Unternehmen gehe davon aus, dass die Politik das Gespräch zu diesem Thema suchen werde.

Insgesamt 27 der 28 stimmberechtigten Mitglieder hatten dem mehr als 300 Seiten Abschlussbericht der Kohlekommission zugestimmt. Als einziges Mitglied lehnte nach Angaben der Umweltgruppe Cottbus Hannelore Wodtke von der Gruppe der Lausitzer Tagebaubetroffenen das Dokument ab.


Quelle:
epd , KNA
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