Liebeserklärung an einen wenig geliebten Monat

Der schöne November

Kerzen, Lichterketten, Heißgetränk: Fragt man die Deutschen, welchen Monat sie am wenigsten lieben, werden die meisten wohl ohne zu zögern den November nennen. Dabei hat er durchaus den Charme einer grauen Schönheit.

Autor/in:
Angelika Prauß
Novembernebel  / © Harald Oppitz (KNA)
Novembernebel / © Harald Oppitz ( KNA )

Er gilt als das hässliche Entlein unter den Monaten. Die Bäume, noch wenige Wochen zuvor in schillernd-leuchtenden Herbstfarben erstahlt, sind nun fast entblättert und mitunter von ersten Herbststürmen zerrupft. Graues, nass-kaltes Regenwetter, Nebel, Dunkelheit, Totengedenktage – alles Begleiterscheinungen, die bei den meisten nicht gerade zur Steigerung des Wohlbefindens beitragen.

Nach dem "Goldenen Oktober" mit oft reichlich Sonne und erdiger Herbstluft scheint die Sonne mit nur noch maximal neun Stunden nun deutlich weniger, bemerkt TV-Meteorologe Sven Plöger. Die Sonne stehe nun "so flach am Himmel, dass das Licht ziemlich fahl daher kommt", oder sie könne den in der kühlen Luft entstandenen Nebel gar nicht erst durchdringen. Der Himmel erscheine dann "bleischwer" und der ganze Monat grau. Plöger ist dennoch bekennender November-Fan. Denn dieser Monat fordere ihn zu meteorologischen "Höchstleistungen" heraus. Sturmtiefs, Frontensysteme, Schneefallgrenzen – "ach, ich könnte ins Schwelgen kommen", bekennt Plöger.

Kerzen, Lichterketten, Heißgetränk

Angesichts solcher Wetterunbillen möchte mancher lieber gar nicht mehr vor die Tür gehen und es sich mit Kerzen, Lichterketten, Heißgetränk und Schmöker oder Lieblingsfilm bequem machen. Keine Option für Hundehalter. Mindestens dreimal am Tag will der Vierbeiner an die frische Luft. Da passt es, dass sich gerade Zeitgenossen einen Hund zulegen, die es ohnehin in Wald und Flur zieht. Schließlich gibt es bekanntermaßen kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung.

Und wer dann einmal losgegangen ist, kann die Einsamkeit und Stille genießen. Nun gehört die Natur nur noch jenen hartgesottenen Tierfreunden, Ausdauersportlern und Wanderern, die sich allen Wetterkapriolen zum Trotz raus trauen. Doch wer sagt überhaupt, dass es dann nur noch trist und grau ist?

Wiesen, Wald und Täler

Noch immer blitzt manches späte Herbstlaub in strahlenden Gelb-, Rost- und Rottönen auf. Die letzten aufgeblühten Rosen scheinen noch kräftiger zu leuchten und zu duften. Wenn nach einem Regenguss die Sonne wieder scheint, leuchten die nassen Baumstämme in der klaren, erdigen Luft intensiv in allen dunklen Schattierungen. Entlaubte Baumkronen geben wieder den Blick zum Himmel frei. Und wenn kalter Wind und Sturm an den Haaren zerren und Kälte in den Körper kriecht, fühlt man sich wie sonst nur im Nordseeurlaub.

"Draußen rumlaufen kann richtig Spaß machen", findet auch Wettermann Sven Plöger. "Was gibt es Schöneres, als sich mal an einem stürmischen, von mir aus dabei auch regnerischen Tag, gut eingekleidet so richtig durchpusten zu lassen und dabei die Kräfte der Natur zu erleben." Selbst wenn Nebelschwaden die Welt in einen dumpfen grauen Schleier hüllen, kann das durchaus reizvoll sein. Wie verzaubert und fast unwirklich scheinen Wiesen, Wald und Täler. Wenn die Welt nur noch schemenhaft zu sehen ist, wird man auf sich selbst zurückgeworfen.

Aufwärmen bei Schmuddelwetter

Ein Umstand, der so manchen Dichter zu melancholischen Novembergedichten inspiriert hat. Andere gehen tapfer im Dreiklang von Licht, Luft und Bewegung gegen ihre depressiven Verstimmungen an. Oder geben sich ihnen hin – die farblose Nebellandschaft scheint die innere Befindlichkeit perfekt aufzufangen und im Außen zu spiegeln.

Dabei hat so eine graue Szenerie im Wortsinn durchaus auch etwas Romantisches an sich. Der Duden definiert "romantisch" als eine "das Gemüt ansprechende", geheimnisvolle, gefühlvolle, malerische und reizvolle Stimmung. Und zum Aufwärmen kann man anschließend in die Sauna gehen. Vielen macht das Schwitzen erst so richtig Spaß, wenn es draußen schön fies und ungemütlich ist. Fünf Grad, Regen, Dunkelheit? Passionierten Saunagängern wird es bei diesen Gegebenheiten regelrecht warm ums Herz – sie fiebern dem vermeintlichen Schmuddelwetter regelrecht entgegen. Ihr Lieblingsmonat ist ganz klar der graue Geselle im Herbst.


Novemberwetter im Vatikan: Petersdom im Nebel / © Alessandra Tarantino (dpa)
Novemberwetter im Vatikan: Petersdom im Nebel / © Alessandra Tarantino ( dpa )
Quelle:
KNA