Zehntausende demonstrieren am Hambacher Forst

Protest für Kohleausstieg und Klimaschutz

Mehrere Zehntausend Menschen haben am Samstag bei Kerpen für einen schnellen Kohleausstieg und die Rettung des Hambacher Waldes demonstriert. Sie sehen sich durch den gerichtlich verhängten Rodungsstopp in ihren Forderungen bestätigt.

Friedenssymbol auf einem abgesägten Baumstumpf im Hambacher Forst  / © Christophe Gateau (dpa)
Friedenssymbol auf einem abgesägten Baumstumpf im Hambacher Forst / © Christophe Gateau ( dpa )

Mit so einem Andrang hatten wohl selbst die Organisatoren nicht gerechnet: Zehntausende Menschen strömten am Samstag zur Großdemonstration für den Erhalt des Hambacher Forstes bei Kerpen. Die Veranstalter sprachen von 50.000 Teilnehmern, die Polizei konnte diese Zahl allerdings nicht bestätigen. Wegen eines Rückstaus auf die Autobahn A 4 und Überlastung der Bahnstrecke sperrte die Polizei, die mit einem Großaufgebot vor Ort war, zeitweise Straßen und den Bahnhof Buir.

BUND: "Anlass zu feiern"

"Dieser Tag zeigt, wie stark die Klimabewegung inzwischen geworden ist", freute sich Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. Nach dem Rodungsstopp für den Hambacher Wald durch das Oberverwaltungsgericht "haben wir heute Anlass zu feiern". Das Rodungsverbot gilt solange, bis über die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger wertete die Veranstaltung als "starkes Signal der Zivilgesellschaft für einen schnellen Kohleausstieg".

Es war ein bunter Protest für Umwelt und Klimaschutz bei strahlendem Sonnenschein. Die Veranstaltung habe Happening-Charakter, sagte Uwe Hiksch vom Vorstand der Naturfreunde. Laut Polizei verlief der Protest überwiegend friedlich und ruhig. Mit Luftballons und selbst gemalten Plakaten und Transparenten kamen die überwiegend jungen Teilnehmer, aber auch ganze Familien teilweise kilometerweit zu Fuß oder mit Fahrrädern zum Kundgebungsgelände. Das hatte der Energiekonzern RWE kurzfristig zur Verfügung gestellt, nachdem das Verwaltungsgericht Aachen am Vortag ein Demonstrationsverbot der Polizei aufgehoben hatte.

Dem Protest schlossen sich auch 30 Landwirte der Arbeitsgemeinschaft "Bäuerliche Landwirtschaft", an, die mit ihren Traktoren an der Demonstration teilnahmen. Für Musik sorgte die Band "Revolverheld", die sich mit den Forderungen der Klimaschützer solidarisch zeigte. Die Feuerwehr Kerpen versorgte die Demonstranten mit mehreren Tausend Flaschen Trinkwasser.

Kohlekommission soll Plan zu Klimazielen vorlegen

Einige Tausend Menschen nutzten die Gelegenheit zu einem Spaziergang in den Hambacher Forst, den die Polizei in den vergangenen Wochen von Besetzern und ihren Baumhäusern geräumt hatte. Aktivisten der Bewegung "Ende Gelände" spannten rote Hängematten zwischen die Bäume als "Rote Linie" gegen den Kohleabbau, andere errichteten Barrikaden aus Ästen. Rund 100 Demonstranten schafften es nach Angaben der Polizei Aachen zudem, in den Tagebau Hambach zu gelangen. RWE habe einen Abbaubagger gestoppt.

Redner der Umweltorganisationen forderten einen schnellen Kohleausstieg in Deutschland. "Kein Wald, kein Dorf, keine Kirche dürfen mehr für klimaschädliche Kohle geopfert werden", sagte Greenpeace-Geschäftsführer Kaiser. Die Kohlekommission müsse "bis Ende des Jahres einen Plan vorlegen, wie Deutschland seine Energieversorgung schnell genug modernisiert, um die Pariser Klimaziele zu erreichen und den Menschen in den Revieren dabei eine Zukunftsperspektive zu bieten."

Auch der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich, Jens Sannig, mahnte ein Umdenken in der Politik an. Wie die Atomenergie habe auch die Braunkohle ihre Zeit und ihre Nützlichkeit gehabt. "Aber jetzt haben wir neue Erkenntnisse. Jetzt brauchen Gegenwart und Zukunft eine neue, klimafreundliche Wirtschaftsordnung", sagte der Theologe. Im rheinischen Braunkohlerevier entscheide sich, ob es gelinge, den CO2-Ausstoß drastisch zu senken und damit das Klima weltweit zu verbessern. "Der Hambacher Wald, dieser kleine, aber schützenswerte Rest eines einst stolzen, riesigen, ungebrochenen Waldes, er könnte ein Symbol werden für das Klimaabkommen von Paris."

Hambacher Forst Symbol des Widerstands

Der Hambacher Forst, ein Waldgebiet im Kreis Düren, gilt als Symbol des Widerstands gegen den Kohle-Abbau. RWE wollte dort für den Braunkohletagebau ab Mitte Oktober eigentlich weitere 100 Hektar Wald fällen, die Hälfte des noch stehenden Waldes. Insgesamt umfasst der Tagebau Hambach ein 85 Quadratkilometer großes Abbaufeld. Bis 2040 plant RWE dort den Abbau von insgesamt 2,4 Milliarden Tonnen Braunkohle.


Demonstration im Hambacher Forst  / © Christophe Gateau (dpa)
Demonstration im Hambacher Forst / © Christophe Gateau ( dpa )
Quelle:
epd
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