Kirche kritisiert Entwicklung der Präimplantationsdiagnostik

"Unheilvolle Selektionsroutine"

Die Präimplantationsdiagnostik sorgt weiter für Diskussionen. Nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" haben 2017 bundesweit fast 300 Paare eine PID beantragt. 

Auswahl von Embryonen für die Präimplantationsdiagnostik / © Waltraud Grubitzsch (dpa)
Auswahl von Embryonen für die Präimplantationsdiagnostik / © Waltraud Grubitzsch ( dpa )

Die katholische Kirche warnt vor einer "unheilvollen Selektionsroutine". Gebhard Fürst, Bischof von Rottenburg-Stuttgart und Vorsitzender der Bioethik-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", er hoffe, dass die Präimplantationsdiagnostik (PID)  "keine weitere Verbreitung findet".

Aus Sorge davor, ein behindertes Kind zu bekommen, haben nach Angaben der Zeitung 2017 bundesweit fast 300 Paare eine PID beantragt. Das gehe aus Zahlen der zuständigen fünf Ethikkommissionen hervor. Demnach seien etwa 95 Prozent der Anträge bewilligt worden.

 

Vorgeburtliche Untersuchungsmethode

Vor zwei Jahren hatte das Bundesgesundheitsministerium die Erwartung geäußert, die PID-Anträge würden auf absehbare Zeit die Zahl von 300 pro Jahr nicht überschreiten. Das Ministerium sagte jetzt der Zeitung, es gebe keine Hinweise darauf, dass diese Einschätzung "unzutreffend wäre". Allerdings hatten viele Experten offenbar nicht damit gerechnet, dass diese Zahl tatsächlich so bald erreicht und nach ersten Prognosen schon 2018 überschritten werden könnte.

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine vorgeburtliche Untersuchungsmethode. Dabei werden im Rahmen der Reagenzglas-Befruchtung befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen vernichtet. Eingepflanzt werden nur Embryonen ohne Defekte der Erbanlagen.

In Deutschland galt PID bis Sommer 2010 nach gängiger Rechtsinterpretation als verboten. Im Juli 2010 entschied der Bundesgerichtshof, dass Gentests an Embryonen unter bestimmten Voraussetzungen nicht verboten seien.

2011 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das eine begrenzte Zulassung von PID ermöglicht, und zwar, wenn "ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist". Bedingung ist die Prüfung jedes Einzelfalls durch eigens dafür gegründete Ethikkommissionen.

Katholische Kirche gegen PID

Abgelehnt wird PID unter anderem von der katholischen und Teilen der evangelischen Kirche. Sie warnen, PID könne zu einer neuen Form der Selektion zwischen "lebenswertem" und "lebensunwertem" Leben führen und den Weg zum sogenannten Designer-Baby ebnen. Zudem könne die Methode zu einer sinkenden Bereitschaft führen, behinderte Kinder zu akzeptieren.

Ulrich Hilland, der Vorsitzende des Bundesverbands reproduktionsmedizinischer Zentren, sieht die Zahlen als Indiz dafür, dass die Ethikkommissionen "verantwortungsvoll" mit den Anträgen umgingen. Die PID werde "nicht inflationär" angewandt, auf einen von manchen befürchteten Dammbruch gebe es keinerlei Hinweise.

Für den ehemaligen Behindertenbeauftragten des Bundestages, CDU-Politiker Hubert Hüppe, ist ein Dammbruch dagegen nur eine "Frage der Zeit". Er traue zudem den Zahlen nicht und warnte davor, dass die Vorabuntersuchung von Kindern zum Normalfall werden könne: "Wir kommen von einer Selektion zur anderen, das ist erst der Anfang."

 

Bischof Gebhard Fürst im Dialog / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Gebhard Fürst im Dialog / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA