Zur "Batnight" sind Fledermäuse im Anflug – auch auf Kirchen

Nachtaktive Untermieter

Sie sind im Dunkeln unterwegs, zeigen sich nur selten und sind echte Flugakrobaten. Viel mehr weiß man meist nicht über Fledermäuse. Das soll sich mit der bundesweiten "Batnight" von Samstag auf Sonntag ändern.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Eine Große Mausohr Fledermaus auf Jagd / © Franz Christoph Robiller (epd)
Eine Große Mausohr Fledermaus auf Jagd / © Franz Christoph Robiller ( epd )

In China gelten sie als Glücksbringer, in Europa dagegen haben Fledermäuse immer noch einen eher schlechten Ruf. Dabei betätigen sich die erstaunlichen Tiere nicht als Blutsauger – im Gegenteil: Sie schützen den Menschen sogar vor lästigen Insekten. Pro Nacht vertilgen sie bis zu 4.000 davon.

Dennoch sind die meisten der 25 Fledermausarten in Deutschland vom Aussterben bedroht – auch, weil ihnen der moderne Mensch mit Mobilfunkmasten und Windrädern das Leben immer schwerer macht. Vor diesem Hintergrund bietet die internationale "Batnight" Gelegenheit, die flinken Flieger aus nächster Nähe zu erleben. Sie findet am Wochenende (26./27. August) weltweit in über 35 Ländern statt.

Über 150 Aktionen bundesweit

"Fledermäuse entsprechen nicht so unserem ästhetischen Empfinden, sind aber ökologisch äußerst wichtig", sagt der Leiter des Instituts für Theologische Zoologie an der Philosoph-Theologischen Hochschule Münster, Rainer Hagencord. Es sei auch Aufgabe von Christen, auf die Belange dieser Tiere hinzuweisen. "Deshalb begrüße ich es sehr, dass es die Batnight gibt", so der katholische Theologe.

Für das letzte August-Wochenende hat der Naturschutzbund (Nabu) schon bundesweit über 150 Angebote zusammengetragen; die Hauptveranstaltung findet diesmal in Oldenburg statt. Zur 20. Batnight im vergangenen Jahr gab es rund 250 Aktionen, von der abendlichen Schiffstour mit Fledermaus-Suchgerät "Bat-Detektor" über das bunte Fledermaus-Familienfest, die Nachtwanderung mit Fangnetz bis hin zur Inaugenscheinnahme der geflügelten Tiere in Dächern und Türmen von Kirchen. Denn hier suchen die eleganten Segler besonders gerne Unterschlupf zum Brüten und Überwintern.

Der Kirchturm als Lebensraum

Das großzügige Platzangebot und der verborgene Zugang gibt den Tieren die Chance, relativ ungestört zu sein, so die Tierschützer. Zudem bieten Kirchendachstühle je nach Witterung eine kühle oder eine warme Umgebung. Um diese alternativen Brutstätten zu fördern, hat der Nabu 2007 die Initiative "Lebensraum Kirchturm" gegründet. In knapp zehn Jahren erhielten mehr als 800 Kirchen bundesweit die Auszeichnung, weil sie Eulen, Turmfalken, Dohlen, Fledermäusen oder Hausrotschwänzen Brutmöglichkeiten eröffnen und Nistkästen aufhängen.

Eine typische Kirchenfledermaus ist das Große Mausohr, mit gut 40 Zentimetern Flügelspannweite die größte heimische Art. "Sie verbringt mehr Zeit in der Kirche als der Pastor", heißt es über sie. Vor allem im Sommer begeben sich die Weibchen in die Kirchendachstühle, um dort ihre Jungen zur Welt zu bringen und aufzuziehen. In diesen großen "Wochenstuben" können sich um die 2.000 Tiere sammeln – kopfüber hängend an Dachbalken und Mauern.

Zweifelhaftes Image der Tiere über Jahrzehnte geprägt

Vielleicht ist es auch diese etwas befremdliche Lebensweise, die die Menschen eher auf Abstand hält. Ihr schlechtes Image ist einfach nicht totzukriegen, meint Theologe Hagencord. "Zu Halloween greifen die Menschen gerne zum Fledermauskostüm. Damit steht das Tier wieder für eine dunkle, grausame, ekelerregende Welt – nicht besser als im Mittelalter." Andererseits gebe die Comic- und Filmfigur Batman der Fledermaus ein besseres Image: Der Milliardär Bruce Wayne schlüpft immer dann ins Fledermauskostüm, wenn er auf Verbrecherjagd geht. Er ist der Ansicht, Kriminelle seien von Natur aus ein "feiges und abergläubisches Pack". Daher soll seine Verkleidung als Fledermaus sie zusätzlich in Angst und Schrecken versetzen.

Außer in Film, Literatur und Naturschutz hat die Fledermaus auch zu bedeutenden wissenschaftlichen Debatten geführt. So löste der US-amerikanische Philosoph Thomas Nagels 1974 mit seinem Aufsatz "Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?" eine Debatte über den Wissensanspruch der Naturwissenschaften aus. Tenor: Auch wenn sich der Mensch vorstellen kann, wie es ist, tagsüber mit dem Kopf nach unten zu hängen und nachts auf Insektenjagd zu gehen, wird er nie wissen, wie das für eine Fledermaus ist. "Wir sollten Tieren nie irgendwelche Eigenschaften absprechen oder zusprechen", übersetzt Hagencord. "Denn das kann immer nur aus unserer rein menschlichen Erlebnisperspektive geschehen."


Dohlen wurden wegen ihrer Vorliebe für Kirchtürme früher auch "des Pastors schwarze Taube" genannt, hier fliegen sie gerade mit einem Turmfalken um die Wette  / ©  Gerd Wellner  (Nabu)
Dohlen wurden wegen ihrer Vorliebe für Kirchtürme früher auch "des Pastors schwarze Taube" genannt, hier fliegen sie gerade mit einem Turmfalken um die Wette / © Gerd Wellner ( Nabu )
Quelle:
KNA