Wissenschaft demonstriert für Wahrhaftigkeit in der Politik

Aufstand gegen alternative Fakten

Was verbindet Ranga Yogeshwar, Richard Dawkins und Karsten Schwanke? Sie unterstützen weltweite Demonstrationen am Samstag - gegen alternative Fakten in Politik und Gesellschaft und für die Gültigkeit der Wissenschaft.

Autor/in:
Philipp Gatzen
March for Science in München / © Tobias Hase (dpa)
March for Science in München / © Tobias Hase ( dpa )

Der Klimawandel nur eine Fantasie? Die Kondensstreifen von Flugzeugen eine Giftmischung vom Himmel im Auftrag irgendeiner Regierung? Die Evolutionstheorie nur ein billiges Hirngespinst? Gerade im und nach dem US-Wahlkampf haben "alternative Fakten" die gesellschaftliche und politische Debatte beeinflusst. So sehr, dass sich nun die Wissenschaft gegen diesen Trend stemmt.

Für Samstag haben weltweit mehr als 500 Universitäten zu einem "March of Science" auf gerufen - einer Demonstration für wissenschaftlich gesichertes Faktenwissen als Grundlage für Gesellschaft und Demokratie.

Für Argumente statt Emotionen

"Die gründliche Erforschung unserer Welt und die anschließende Einordnung der Erkenntnisse, die dabei gewonnen werden, ist die Aufgabe von Wissenschaft", heißt es auf der Homepage des "Science March Germany", der Koordinationsstelle der rund 20 Demonstrationen in Deutschland ist. "Wenn jedoch wissenschaftlich fundierte Tatsachen geleugnet, relativiert oder lediglich 'alternativen Fakten' als gleichwertig gegenübergestellt werden, um daraus politisches Kapital zu schlagen, wird jedem konstruktiven Dialog die Basis entzogen."

Ausgang der Bewegung ist der "March of Science", der in Washington geplant und als gemeinsames Projekt von Wissenschaftlern und Wissenschaftsförderern entstanden ist. Die Idee entsprang der Sorge um eine durch den US-Wahlkampf angeheizte Debattenkultur, in der mit "Fake News" argumentiert wird und politische Inhalte mehr durch Emotionen statt durch Argumente vermittelt werden.

Der amerikanischen Initiative haben sich in den vergangenen Monaten zahlreiche Universitäten und Wissenschaftsorganisationen angeschlossen. Demonstrationen werden nicht nur in den USA und Europa abgehalten, sondern auch in Brasilien, China und Nigeria. Deutschland ist ebenfalls stark vertreten, besonders in den Universitätsstädten. Sämtliche Berliner Hochschulen machen mit, aber auch die Unis in München, Göttingen, Heidelberg oder Bonn.

Gegen Diskriminierung der Wissenschaft

Gemeinsam soll eine freie Wissenschaft verteidigt werden, deren Ergebnisse vorbehaltlos veröffentlicht werden können. Eine Forschung, die als Fundament für politische Entscheidungen dient und von der die Gesellschaft in vielfältiger Weise profitiert, sei zum Vorteil aller und stärke die Demokratie, heißt es seitens der Organisatoren. Sie treten dafür ein, "dass wissenschaftliche Erkenntnisse als Grundlage des gesellschaftlichen Diskurses nicht verhandelbar sind". Zudem verurteilen sie jede Art von Diskriminierung innerhalb der Wissenschaft und verteidigen die Vielfalt in der Forschung. Zentrales Anliegen ist es auch, ein Zeichen gegen Belästigung, Beleidigung und Gewalt zu setzen.

Die Veranstalter legen auch großen Wert auf die Solidarität untereinander. Als globales Netzwerk habe die Wissenschaft besondere Verantwortung für jene Forscher, die nicht frei forschen könnten. Entsprechend gestaltet ist das Logo des "March for Science": Es zeigt ein Atommodell, dessen "Kern" die solide wissenschaftliche Erkenntnis ist.

Unterstützer in Deutschland

In Deutschland hat die Bewegung namhafte Unterstützer. Dazu zählen neben zahlreichen Universitäten die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Alexander von Humboldt-Stiftung. Zu den Einzelpersönlichkeiten gehören der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins, der Münchner Philosoph und frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, der Meteorologe Karsten Schwanke und der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar.

Zu den Demonstrationen seien nicht nur Wissenschaftler eingeladen, sondern alle Interessierten, so die Organisatoren. Denn eines der Ziele ist, den Dialog zwischen Forschern und Bevölkerung zu vertiefen. Auch dem in jüngster Zeit verstärkten Misstrauen gegen die Wissenschaften möchten die Veranstalter begegnen. Gemeinsam wolle man für eine Bildung eintreten, die kritisches Denken fördere. Deshalb ruft die Bewegung jeden auf, dem die deutliche Unterscheidung von Fakten und persönlicher Meinung nicht gleichgültig ist, sich an dieser weltweiten Demonstration zu beteiligen.


Quelle:
KNA