Umweltaktivist Alt sieht Weltklimakonferenz unter besseren Voraussetzungen

Pariser Silberstreifen

19 Weltklimakonferenzen sind ohne wesentliche Ergebnisse ins Land gegangen, doch die aktuelle in Paris könnte eine Kehrtwende bringen. Der Publizist Franz Alt erklärt domradio.de, was ihn zuversichtlich stimmt.

COP21: Vertreter von 195 Ländern verhandeln / © Christophe Ena (dpa)
COP21: Vertreter von 195 Ländern verhandeln / © Christophe Ena ( dpa )

domradio.de: Es geht um zwei Grad maximalen Anstieg der Temperatur, dafür soll unter anderem bis zum Jahr 2050 die Energie nur noch erneuerbar gewonnen werden. Halten Sie das für realistisch?

Franz Alt (Journalist und Umwelt-Aktivist): Klar, das geht auch früher, wenn man es wirklich will. Die Bundeskanzlerin hat ja in Paris gesagt, die erneuerbaren Energien sind bereits jetzt eine tragende Säule der Energieversorgung in Deutschland. Wenn man es wirklich ernst meint, ginge das auch bis 2040 und die Bundeskanzlerin hat noch etwas gesagt zu dem Zwei-Grad-Ziel, Sie hat gesagt für kleine Inselstaaten ist das nicht ausreichend. Es gibt viele Inselstaaten im Pazifik, die versinken werden, wenn man nicht mehr als zwei Grad erreicht. Also eineinhalb Grad plus, das wäre das höchste der Gefühle. Auch für Bangladesch, da leben 164 Millionen Menschen. Wir müssen also noch einmal zulegen gegenüber dem, was da offiziell verkündet wurde. Unsere Bundeskanzlerin hat es Gott sei Dank angedeutet.

domradio.de: Jetzt ist das ja bei weitem nicht die erste Klimakonferenz. Nach Ende des Kyoto-Protokolls sind die Staatschefs schon mehrmals zusammen gekommen, aber immer ohne Ergebnis. Ist das jetzt tatsächlich die letzte Chance, die Erde zu retten?

Alt: Das weiß man nie genau. Das Klima kennen wir noch so wenig, dass man nicht von allerletzter Chance sprechen kann. Sie haben Recht, wir hatten 19 Weltklima-Konferenzen bisher. Das einzige Ergebnis war, dass es dem Klima immer schlechter geht. Deshalb glaube ich, dass diesmal wirklich etwas herauskommt. Die Chancen sind deshalb besser, weil die Chinesen zum ersten Mal mitmachen. Das sind die größten Klimasünder, gemessen an ihrer Einwohnerzahl natürlich und die Amerikaner! Obama muss nicht wiedergewählt werden, deshalb kann er etwas mutiger sein als bei den letzten Konferenzen. Die beiden großen Klimasünder dieser Welt, die Chinesen und die Amerikaner, sind jetzt im Boot, deshalb hoffe ich, dass wir etwas weiter kommen als in allen 19 Konferenzen vorher.

domradio.de: Auch Papst Franziskus mischt sich in die Klimadebatte ein. Im Sommer hat er seine Umwelt-Enzyklika Laudato Si veröffentlicht, und erst vergangene Woche hat er gesagt: Er wäre traurig, wenn der Gipfel an Vorstellungen einzelner Staaten scheitere. Welches Gewicht hat denn das Wort des Papstes in dieser Debatte?

Alt: Ich glaube, wenn wir wirklich Erfolg haben wollen im Klimaschutz, muss endlich Technik und Ethik zusammenkommen. Der Papst hat für dieses Ziel die beste Vorlage in seiner Ökoenzyklika gegeben. Es ist ja die erste Ökoenzyklika in der gesamten Geschichte des Papsttums, das lässt mich hoffen. Ich weiß, dass viele auf den Papst hören. Diese Enzyklika ist in der ganzen Welt intensiv diskutiert worden. Der Papst hat einen Vertreter nach Paris geschickt und der stellt auch noch einmal in Kurzform die Enzyklika vor.

Ich glaube, wir haben eine ganz neue Koalition, wenn Ethik und Technik immer zusammenkommen. Ich habe vor zehn Jahren das Buch "Der ökologische Jesus" publiziert, und habe damals den Kirchen vorgeschlagen auf ihren Kirchendächern doch endlich mal Solaranlagen anzubringen, damit der Heilige Geist dort Landefläche findet. 2000 Kirchen haben das in Deutschland gemacht. Das ist ein guter Anfang, da sieht man, welches Potenzial da ist. In diesem Land sind immer noch mehrheitlich Christen, wenn die das machen, was der Papst vorschlägt, dann ist das ein Durchbruch! Ethik und Technik müssen zusammenkommen und dafür hat der Papst mit seiner Ökoenzyklika eine gute Vorlage gegeben.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Protest im Ausnahmezustand  (dpa)
Protest im Ausnahmezustand / ( dpa )
Quelle:
DR