Verbände fordern neue Reparaturkultur in Deutschland

Schrottschätzchen

Tauschen, verschenken oder reparieren: Die Europäische Woche der Abfallvermeidung will Alternativen zur Wegwerfgesellschaft entwickeln. Doch manche Produkte sind so hergestellt, dass Reparaturen unmöglich sind.

Autor/in:
Christoph Arens
Ob auch Beamer repariert werden, ist unbekannt. / © Jörg Loeffke (KNA)
Ob auch Beamer repariert werden, ist unbekannt. / © Jörg Loeffke ( KNA )

Auf die Annehmlichkeiten des elektronischen Zeitalters mag wohl kaum jemand verzichten. Ob Fön, Kaffeemaschine, Fernseher, Computer oder Handy: Elektronikprodukte erleichtern den Alltag. Doch es gibt auch eine Kehrseite: riesige Mengen ausgedienter "Altgeräte", die entsorgt werden, weil sei kaputtgegangen sind oder als veraltet gelten.

Eine Million Tonnen Elektroschrott

Die Müllberge wachsen. Mehr als eine Million Tonnen Elektroschrott werden jährlich ausgemustert. Das hat nicht nur Folgen für die Umwelt, denn die Altgeräte enthalten Schadstoffe wie Cadmium, Blei oder Flammschutzmittel. Es bedeutet auch eine Verschwendung von Wertstoffen wie Gold oder Coltan, die ungenutzt vernichtet werden.

"Der beste Abfall ist der, der gar nicht erst entsteht." Darauf macht die am Montag begonnene "Europäische Woche der Abfallvermeidung" aufmerksam, die in den Mitgliedstaaten der EU und weiteren Ländern stattfindet. Der Trend geht allerdings genau in die andere Richtung:

Eine im März vorgelegte Studie von Umweltbundesamt (UBA), Öko-Institut und der Uni Bonn zeigt, dass der Anteil der Haushaltsgroßgeräte, die bereits nach nicht einmal fünf Jahren ausgetauscht wurden, von 2004 bis 2012 um mehr als das Doppelte anstieg - von 3,5 auf 8,3 Prozent. Bei zwei Dritteln waren technische Defekte ausschlaggebend. Ob die Hersteller bewusst planen, dass Geräte bereits nach kurzer Zeit kaputt gehen, soll noch überprüft werden.

Kürzere Erstnutzungsdauern

Aber auch die Verbraucher selbst wollen ihre Geräte immer kürzer nutzen. Schuld sind - vor allem bei Fernsehern - erhebliche Technologiesprünge, wie Rainer Grießhammer von der Geschäftsführung des Öko-Instituts erläutert. So wurden 2012 mehr als 60 Prozent der noch funktionierenden Flachbildschirmgeräte durch ein neues Produkt ersetzt. Nur bei einem Viertel war ein Defekt der Anlass. Im Schnitt waren die ersetzten Geräte 2012 gerade einmal 5,6 Jahre alt. Im Vergleich dazu lag die durchschnittliche "Erst-Nutzungsdauer" von Röhrenfernsehern von 2005 bis 2012 zwischen zehn und zwölf Jahren.

Auch bei Haushaltsgroßgeräten wie Waschmaschinen, Wäschetrocknern und Kühlschränken hat sich laut Studie die durchschnittliche "Erst-Nutzungsdauer" um ein Jahr auf 13,0 Jahre verkürzt.

"Wer Abfall vermeidet, spart Ressourcen", betonte zum Auftakt der Abfallvermeidungswoche der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth. Es sei absehbar, dass sich die Ressourcen weltweit weiter verknappten, während gleichzeitig die Weltbevölkerung wachse.

Voraussetzungen schaffen für Reparaturen

Umwelt- und Verbraucherverbände fordern deshalb eine neue Reparaturkultur in Deutschland.

Das Recycling von Altgeräten sei nur die zweitbeste Lösung, denn dabei könne selbst mit hohem Aufwand nur ein begrenzter Teil der Rohstoffe in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden, erklärte der "Runde Tisch Reparatur", ein Zusammenschluss von Verbänden wie Germanwatch, Naturschutzbund NABU, BUND oder dem Verband kommunaler Unternehmen der Abfallwirtschaft. "Um unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern, müssen wir Produkte deutlich länger nutzen. Das erfordert die Schaffung der Voraussetzungen für deren Reparatur."

Der deutschen Politik wirft der "Runde Tisch" Untätigkeit vor. "Bis jetzt wurde der Reparatursektor vernachlässigt und befindet sich auf dem Rückzug", heißt es. Noch immer gebe es allerdings rund 10.000 Fachhändler und freie Werkstätten, die Reparaturen durchführten. In anderen europäischen Ländern sei das Thema dagegen auf der politischen Ebene angekommen. "Frankreich hat ein Gesetz zur Förderung der Reparatur und zur Stärkung der Konsumentensouveränität auf den Weg gebracht."

Der Runde Tisch forderte deshalb auch in Deutschland einen verbesserten Zugang zu Ersatzteilen, notwendigen Informationen, Werkzeugen und Diagnosetools zu erschwinglichen Preisen. Außerdem sollte der Mehrwertsteuersatz auf Reparaturen und Gebrauchtwaren verringert werden.

Längst haben sich auch Verbraucher selber organisiert. In über 150 Selbsthilfewerkstätten, sogenannten "Repair Cafes", helfen Freiwillige mit Wissen und Werkzeug, um alte Schätzchen wieder auf Vordermann zu bringen.

 


Quelle:
KNA