Greenpeace zu Brandrodungen in Indonesien

Bis in die deutschen Supermärkte

Für Schokolade und Zahnpasta auch in deutschen Supermärkten wird Palmöl verwendet. Was das mit den derzeitigen heftigen Bränden in den indonesischen Regenwälder zu tun hat, erklärt Gesche Jürgens von Greenpeace im domradio.de-Interview.

Brandrodung auf Borneo / © Bagus Indahono (dpa)
Brandrodung auf Borneo / © Bagus Indahono ( dpa )

domradio.de: Welche Dimensionen haben die Brände in diesem Jahr in Indonesien erreicht?

Gesche Jürgens (Greenpeace): Die Feuer haben in diesem Jahr katastrophale Ausmaße angenommen. Sie lodern von Sumatra bis Papua-Neuguinea. Derzeit ist kein Ende in Sicht, da die Trockenzeit diesmal besonders lange dauert.

domradio.de: Wie gefährdet sind dort Natur und Bevölkerung?

Jürgens: Die Menschen in der Region leiden, dort sind Millionen betroffen. Laut Schätzungen sterben jährlich 100.000 Menschen an den Folgen dieser Brände. Auch Natur und Regenwälder sind ganz stark von den Bränden betroffen. Da verschwinden jeden Tag riesige Flächen.

domradio.de: Wie können die Brände das Klima beeinflussen?

Jürgens: In Indonesien ist die besondere Situation, dass auf vielen Flächen die Wälder auf Torfböden wachsen. Und in den Böden ist über Tausende von Jahren ganz viel Kohlenstoff angespeichert worden. Der wird bei den Bränden in die Atmosphäre entlassen. Das ist natürlich für das Klima dramatisch. Es wurde geschätzt, dass in den letzten drei Wochen durch die Brände mehr Treibhausgase verursacht wurden, als in Deutschland in einem Jahr verursacht werden. Das ist schon eine Hausnummer.

domradio.de: Was würden Sie sagen, wenn man fragt: Was haben die Brände mit uns hier in Deutschland zu tun?

Jürgens: Man denkt im ersten Augenblick, das sei ja am anderen Ende der Welt. Tatsächlich hat es aber mehr mit uns zu tun als wir glauben. Viele Brände entstehen durch das Zerstören von Regenwäldern, durch das Umwandeln in Palmöl-Plantagen. In den letzten Jahrzehnten haben Konzerne riesige Waldflächen in solche Plantagen umgewandelt. Das Palmöl, das dort produziert wird, landet auch bei uns im Supermarkt. Es wird geschätzt, dass etwa jedes zweite Produkt vom Schokoriegel bis zur Zahnpasta Palmöl enthält. So landet die Zerstörung der Wälder auch bei uns in den Haushalten.

domradio.de: Was kann ich denn als Verbraucher tun? Muss ich auf die Hälfte der Produkte verzichten?

Jürgens: Auf Lebensmitteln steht aufgrund einer EU-Richtlinie, ob Palmöl drin ist oder nicht. Wir raten den Menschen aber immer auch, bei Herstellern nachzufragen, was sie tun, um zu verhindern, dass Palmöl aus Regenwaldzerstörung in ihren Produkten landet. Tatsächlich sind die Konzerne, die das Palmöl produzieren, und die, die es verarbeiten, in der Verantwortung, an der Lösung des Problems mitzuarbeiten. Sie müssen dafür sorgen, dass das Palmöl nicht mehr länger auf Kosten von Natur und Menschen produziert wird. 

domradio.de: Was machen die Konzerne denn dagegen?

Jürgens: Die Transparenz ist beim Anbau oft nicht gegeben. Wir fordern derzeit vom indonesischen Präsidenten, Karten und Informationen zu veröffentlichen, welche Firmen auf welchen Flächen agieren. Damit man nachvollziehen kann, wer die Verantwortlichen sind, die die Wälder weiterhin zerstören. Dann könnten andere Konzerne in die Lage versetzt werden, zu entscheiden, mit wem sie Geschäfte machen. Das ist aktuell nicht der Fall.

Das Interview führte Dr. Christian Schlegel.


Quelle:
DR