Nachhaltigkeitsziele von UN verabschiedet

Das Ziel: kein Hunger mehr

Die Vereinten Nationen wollen in den nächsten 15 Jahren Hunger und extreme Armut auf der ganzen Welt beseitigen. Die UN-Vollversammlung verabschiedete am Freitag die Nachhaltigkeitsziele: die Sustainable Development Goals (SDGs).

Ban Ki Moon vor der UN-Generalversammlung / © Justin Lane (dpa)
Ban Ki Moon vor der UN-Generalversammlung / © Justin Lane ( dpa )

Die SDGs sollen die Millenniumsziele (MDGs) ablösen. Mit diesen Jahrtausendzielen hatten sich die Mitglieder der Weltgemeinschaft im Jahr 2000 verpflichtet, bis zum Ende dieses Jahres Hunger und Armut drastisch zu reduzieren. In vielen Punkten gelang das.

Die in mehr als zwei Jahren ausgehandelten Vorsätze der SDGs sollen vor allem den Ärmsten der Welt helfen und die Erfolge der Jahrtausendziele sichern. Bis 2030 sollen extreme Armut und Hunger auf der Welt besiegt werden. Außerdem soll allen Menschen Zugang zu sauberem Wasser, einer vernünftigen Toilette und einer kostenlosen Grundschulausbildung garantiert werden. Der SDG-Katalog umfasst 17 Ziele, die den in vielen Punkten erreichten Jahrtausendzielen folgen.

"Niemand darf zurückgelassen werden", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Aber der wahre Test kommt noch, nämlich die Umsetzung. Wir brauchen dafür die Hilfe von überall und von jedem." Die SDG seien die Blaupause zum Erfolg. "Wir brauchen politische Verpflichtung und Zusammenarbeit mit allen", sagte der Südkoreaner. "Dafür müssen wir uns ändern und über nationale Grenzen hinausgucken." Papst Franziskus hatte zuvor vor der UNO mit Blick auf die neue Agenda betont, er hoffe auf grundlegende und wirksame Vereinbarungen. Unter den zahlreichen Staats- und Regierungschefs beim Weltgipfel war auch Bundeskanzlerin Angel Merkel (CDU).

Merkel kündigte in ihrer Rede an, Deutschland werde Entwicklungsländern mehr Geld zur Umsetzung der Agenda zur Verfügung stellen: "Unser Etat für Entwicklungshilfe wird in den nächsten Jahren jeweils substanziell steigen." Für ihre Zusicherung, Deutschland stehe zur Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe einzusetzen, war ihr zuvor von den Gipfelteilnehmern Applaus gespendet worden.

Merkel zog in ihrer Rede auch eine Parallele zur aktuellen Flüchtlingswelle. Wer das Leid der Flüchtenden beenden wolle, müsse den Ursachen von Flucht und Vertreibung entgegen wirken. "Die Agenda 2030 liefert dafür den richtigen Rahmen, indem sie die ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte von Entwicklung vereint", sagte Merkel.

Noch bis zum Sonntag diskutiert der UN-Nachhaltigkeitsgipfel über die Umsetzung der Ziele. Die SDGs waren seit 2012 in einem offenen Prozess entwickelt worden, an dem Politiker und Wissenschaftler ebenso beteiligt waren wie die Zivilgesellschaft. Mehr als acht Millionen Menschen beteiligten sich an einer Abstimmung über die Ziele im Internet. Anders als die im Jahr 2000 beschlossenen Millenniumsziele, die in diesem Jahr auslaufen, gelten die UN-Nachhaltigkeitsziele nicht nur für Entwicklungsländer, sondern auch für Schwellen- und Industrienationen.

Kirchenvertreter: "ehrgeizige Ziele" und "großes Hoffnungszeichen"

Verbände und Kirchenvertreter setzen große Hoffnungen in die von den Vereinten Nationen verabschiedeten nachhaltigen Entwicklungsziele. Bischof Stephan Ackermann, Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, sprach von "ehrgeizigen Zielen". Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nannte das Programm "durchaus ambitioniert".

Bischof Ackermann erklärte: "Ich freue mich, dass mit der Agenda 2030 und den nachhaltigen Entwicklungszielen eine neue Grundlage internationaler Zusammenarbeit für eine integrale Entwicklung geschaffen wird. Sie berücksichtigt neben sozialen und ökonomischen Aspekten auch ökologische, wie etwa Klimagerechtigkeit und einen schonenden Ressourcenverbrauch." Wichtig sei vor allem die "Verankerung in den Menschenrechten".

Die EKD will stärker als bisher zu einer weltweit nachhaltigen Entwicklung beitragen. Die gegenwärtige westliche Lebensweise sei nicht vereinbar mit einer guten Zukunft des Planeten, sagte Bedford-Strohm in München bei der Vorstellung eines entsprechenden Positionspapiers. Mit Blick auf die neue "Post-2015-Agenda" sprach Bedford-Strohm von einem "historischen Moment" und einem "großen Hoffnungszeichen".

Deutsche Bischofskonferenz: Ganzheitliche Entwicklung

Als einen möglichen "Meilenstein auf dem Weg nachhaltiger Entwicklung überall auf der Welt" wertet die Deutsche Bischofskonferenz die Verabschiedung der "Agenda 2030". Damit begebe sich die Staatengemeinschaft "auf den Weg, wirtschaftliches Wachstum, Menschenrechte, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung stärker zu verzahnen", erklärte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, am Freitagabend in Bonn.

Dem Programm liege die Idee ganzheitlicher Entwicklung zugrunde, wie sie die Kirche seit Jahrzehnten fordere, so Schick. Auch Papst Franziskus habe diesen Gedanken in seiner Umweltenzyklika "Laudato si" eindrücklich entfaltet. Die nachhaltigen Entwicklungsziele bezögen sich nicht nur auf die armen Länder der südlichen Hemisphäre, merkt Schick an. "Die Industrieländer müssen ebenfalls eine Politik entwerfen, die dem Maßstab nachhaltiger Entwicklung genügt." Auch Deutschland sei hier gefordert.

Der Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz erwartet von der Bundesregierung, dass der Aufwärtstrend bei den Finanzmitteln für die Entwicklungszusammenarbeit anhält. "Nachhaltige Entwicklung ist nicht zum Null-Tarif zu haben", so Schick. Programme und Konzepte der Vereinten Nationen könnten nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Finanzierung gesichert wird. Eine gerechtere und ökologisch nachhaltige Welt muss uns einen Preis wert sein."

Misereor: "Mehr als der kleinste gemeinsame Nenner"

Nach den Worten des bischöflichen Hilfswerks Misereor ist die Verabschiedung der Ziele "ein bemerkenswertes Zeichen und weit mehr als nur der kleinste gemeinsame Nenner". Und weiter: "Natürlich wird jetzt kein Automatismus in Richtung einer besseren Welt eintreten. Die Widersprüche und Spannung zwischen den verschiedenen Interessen bleiben ja zunächst einmal bestehen." Es liege aber nun ein gutes Instrument vor, "um die Regierungen weltweit in die Pflicht zu nehmen".

"Die neue Entwicklungsagenda ist ein Durchbruch für eine gerechtere Welt", erklärte die Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung, Renate Bähr, in Hannover. Auch die Hilfsorganisation Care begrüßt die neuen Entwicklungsziele. "Sie würdigen die Gleichberechtigung der Geschlechter sowie die Bedeutung der Anpassung an den Klimawandel als eigene Ziele."

Der entwicklungspolitische Dachverband Venro forderte, die Umsetzung der Ziele zügig auf den Weg zu bringen. "795 Millionen Menschen leiden akut an Hunger, 1,3 Milliarden Menschen leben in extremer Armut, 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht, und die Folgen des Klimawandels sind immer mehr zu spüren. Es ist Zeit zu handeln", erklärte der Vorstandsvorsitzende Bernd Bornhorst."Die 2030-Agenda bietet neue Chancen für eine zukunftsfähige Welt, und wir sollten diese Chancen nutzen."         


Quelle:
dpa , KNA , epd