Zukunftsforum stimmt auf das "Entwicklungsjahr 2015" ein

Rückenwind für globale Verantwortung

Minister Müller macht ein Selfie mit Schülern, um für faire Schokolade zu werben. Andere diskutieren auf Papphockern über den Welthunger, während sie auf die Kanzlerin warten. In Berlin wurde über Nachhaltigkeit debattiert.

Autor/in:
Elvira Treffinger
Selfie beim Zukunftsforum (dpa)
Selfie beim Zukunftsforum / ( dpa )

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) lud ein - und viele kamen. Mehrere Tausend Teilnehmer diskutierten bei einem Zukunftsforum am Montag in Berlin über Hunger, Kindergesundheit, menschenwürdige Arbeit und Klimaschutz. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde wie ein umjubelter Star erwartet, um eine in den vergangenen Monaten erstellte Zukunftscharta zu einer nachhaltigen Entwicklung entgegenzunehmen.

"Ich finde es toll, dass so viele junge Leute hier sind", sagte Claudia Warning, Vorstandsmitglied des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt". Etwas skeptisch fügte sie hinzu: "Es wird sich herausstellen müssen, was aus der Zukunftscharta werden wird - oder ob es nur ein Strohfeuer bleibt." Ähnlich äußerten sich andere Initiativen. Müller indes versicherte, die Charta werde nicht verpuffen. Man werde jedes Jahr Bilanz ziehen.

Papphocker erinnern an Kirchentage

Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen hatten Stände aufgebaut, man traf sich in Workshops und Talkrunden, auch die Papphocker erinnerten an evangelische Kirchentage. Müller machte ein Selfie mit Schülern, um für faire Schokolade zu werben.

Bill Gates schickte eine Videobotschaft. Der Minister hatte seine Kabinettskollegen für Landwirtschaft, Umwelt und Arbeit dafür gewonnen, sich zu ihrer globalen Verantwortung zu bekennen. Damit kommt er einer alten Forderung nach, eine Politik der Nachhaltigkeit mit dem Ziel einer international sozial gerechten und ökologisch verträglichen Politik als Querschnittsaufgabe zu verankern.

"Entwicklungspolitik beginnt bei uns in Deutschland. Sie fängt bei uns an, hört aber nicht an unseren Grenzen auf", schrieb Müller zu seiner Zukunftscharta. Nicht nur die Politiker, auch Initiativen und alle Bürger möchte er einbeziehen.

Einstimmung auf Entwicklungsjahr 2015

Dabei stimmte Müller auf das sogenannte Entwicklungsjahr 2015 ein, in dem wichtige Entscheidungen anstehen. Auf einem UN-Gipfel im September in New York sollen die Staats- und Regierungschefs sogenannte Nachhaltigkeitsziele beschließen - eine neue Agenda nach den Millenniumsentwicklungszielen zur Bekämpfung von Hunger, Armut, Analphabetentum und Krankheiten.

Im Entwurf stehen als Ziele, den Hunger bis 2030 vollständig zu überwinden. Aber auch die Industrienationen werden stärker gefordert sein. Denn die Kluft zwischen Arm und Reich abzubauen, Verschwendung zu beenden und mit der Umwelt schonender umzugehen, gehört ebenfalls dazu. Und im Dezember 2015 soll in Paris ein neues Klimaabkommen beschlossen werden.

Wichtige Weichen dazu werden vom G-7-Gipfel am 7./8. Juni auf Schloss Elmau in Bayern erwartet. Wenn unter deutscher Präsidentschaft dort die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen zusammentreffen, soll es auch um Arbeitsstandards in Lieferketten und die Stärkung von Frauen gehen.

Müller unterstrich auf dem Zukunftsforum die Bedeutung des Klimaschutzes. "Ohne Luft, ohne Klima, ohne Atmosphäre gibt es kein Leben", sagte er. Die Schöpfung müsse bewahrt werden. Man müsse sich fragen, wie man den Planeten an die junge Generation weitergebe.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) beschwor die Verantwortung der Industrieländer und warb für dezentrale erneuerbare Energien in Entwicklungsländern. Bei den Zukunftsfragen wurden durchaus Unterschiede zwischen den Ressorts deutlich.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) will zwar Großkonzerne bei der Sicherung der Ernährung weltweit in die Pflicht nehmen, lehnt aber Regularien ab: "Hunger lässt sich nicht mit Ge- und Verboten stillen", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd)

Anders argumentierte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD):

Sie will menschenwürdige Arbeitsbedingungen in allen Handelsabkommen verankert wissen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) war nicht dabei.

Es war ein Wohlfühltermin für Müller und Merkel. Tobias Kahler von der entwicklungspolitischen Initiative One erhofft sich, dass das Zukunftsforum der Regierung Rückenwind für das Thema globale Verantwortung verschafft. Der Entwicklungsminister appelliert indes auch an alle Bürger: "Stellen Sie sich jeden Tag die Frage, wie sich Ihr Handeln auf unsere Welt auswirkt", sagt er den Verbrauchern. "Wo kommen Ihre Lebensmittel, Kleidungsstücke, Technologien her und wie wurden sie hergestellt?"

Junge Teilnehmer kamen zum Teil mit sehr klaren Fragen. Jessica Phiri aus Sambia wollte sich in Berlin über die deutsche Unterstützung für Kleinbauern in Afrika informieren. "Und ich möchte wissen, wie die Situation der Flüchtlinge in Deutschland ist", sagte die 19-Jährige, die ein Freiwilligen-Jahr in einem Kindergarten im katholischen Bistum Limburg absolviert.


Quelle:
epd