Bischof Fürst wirbt in Indien für regenerative Energien

Auf Werbetour für die Schöpfung

Von seinen indischen Amtsbrüdern fordert Bischof Gebhard Fürst einen stärkeren Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung. Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart stellte in Indien die Klimainitiative seines Bistums vor. Während in Deutschland das Bewusstsein für den Einsatz von erneuerbaren Energien da ist, müsse in Indien noch Pionierarbeit geleistet werden.

 (DR)

domradio.de: Am Sonntag haben Sie eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Schulzentrums in Indien eingeweiht. Führt die Anlage dort ein Exoten-Dasein oder ist Fotovoltaik in Indien tatsächlich ein beliebtes Mittel der Stromversorgung?

Bischof Fürst: Fotovoltaik-Anlagen werden in Indien immer häufiger gebaut, allerdings ist es noch nicht so weit verbreitet wie bei uns in Deutschland und diese große Anlage ist zum Beispiel in der ganzen Diözese die einzige bisher. Aber es ist eine richtige Pilot- und Pionierarbeit, die hier geleistet wird.



domradio.de: Wie setzen sich die Inder mit den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit auseinander? Wie erleben Sie das bei Ihrem Besuch in Indien?

Bischof Fürst: Indien hat das Kyoto-Protokoll noch nicht unterschrieben, aber in der Bevölkerung und auch in der Kirche wächst so langsam die Überzeugung, dass die Energie auf eine neue Art erzeugt werden muss. Allerdings setzt sich das erst ganz langsam durch.



domradio.de: Sie sind eigens zu diesem Zweck bei der Indischen Bischofskonferenz zu Gast. Was können die Inder denn von Ihnen lernen?

Bischof Fürst: Seit meiner Akademiezeit setze ich mich sehr für erneuerbare Energie ein, weil ich sehr früh schon erkannt habe, dass wir aus verschiedenen Gründen mehr regenerative Energie brauchen. Ich war vor zwei Jahren in Indien eingeladen, um mit unseren Partnerdiözesen zu sprechen und ihnen zu begegnen. In diesem Zusammenhang habe ich auch "Mithradam", ein Zentrum für erneuerbare Energie in Südindien besucht und hier wird vorbildlich vorgelebt und auch entsprechendes Bewusstsein gebildet, erneuerbare Energien einzusetzen. Als ich diesen Vortrag gehalten habe über unsere Klimainitiative in der Diözese Rottenburg-Stuttgart waren auch einige Vertreter der Südindischen Bischofskonferenz dabei, die dann gesagt haben, es wäre schön, wenn Sie noch einmal nach Indien kommen und dann diesen Vortrag vor der Indischen Bischofskonferenz halten. Ich habe damals eigentlich nicht daran gedacht, dass das wahr wird, aber jetzt habe ich eine Einladung bekommen und habe in Cochin, wo diese Bischofskonferenz im Augenblick tagt, einen Vortrag zum Thema Klimainitiative und regenerative, erneuerbare Energie gehalten.



domradio.de: Welche Resonanz haben Sie auf Ihren Vortrag, auf Ihre Klimainitiative bekommen?

Bischof Fürst: Das ist etwas unterschiedlich. Natürlich ist das für viele eine ganz, ganz neue Sache und es ist noch nicht sicher, ob man den riesigen Energiebedarf, den Indien als aufstrebende Nation braucht, ob man den durch erneuerbare Energien decken kann. Das ist sicher auf Jahre hinweg nicht möglich. Von daher bedarf es einiger Überzeugungsarbeit, um für Verständnis zu werben, aber ich habe einige der Bischöfe getroffen, die selber in ihren Diözesen erneuerbare Energien nützen, insbesondere Solaranlagen.



domradio.de: Nachhaltigkeit, der Begriff betrifft ja nicht nur den Klimaaspekt, sondern auch den sozialen Aspekt, welcher ist da vor allem in Indien wichtig auf Ihrer Reise?

Bischof Fürst: Bei dieser Reise waren natürlich im Zentrum die erneuerbare Energie und die Solartechnik. Mir war es besonders wichtig, dass wir das nicht als eine neue Technologie nur verkaufen, sondern ich wollte auch den Bischöfen, der Bischofskonferenz, unsere Motivation nahe bringen, dass wir das tun, um eben die Schöpfung zu bewahren, um den Klimawandel zu entschleunigen und damit auch für Gerechtigkeit in der Welt zu sorgen. Denn der Klimawandel erzeugt ja bei vielen Menschen Hunger. Es gibt große Überflutungen, die Wetterkatastrophen werden größer. Und ich wollte jetzt nicht eine profitable Energiegewinnung propagieren, das ist nicht die Aufgabe eines Bischofs, sondern ich wollte eben die Motivation den Schöpfungsauftrag des Menschen, der an uns Christen in besonderer Weise herangetragen ist, diesen Schöpfungsauftrag, die Erde zu bewahren und zu kultivieren und in einer guten nachhaltigen Weise zu gestalten, das besonders deutlich machen. Die anderen Bereiche, die natürlich für eine Nachhaltigkeit notwendig sind, die konnte ich jetzt in diesem Zusammenhang zu wenig darstellen, aber wir möchten zwischen der Diözese Rottenburg-Stuttgart und dem Zentrum für erneuerbare Energie eine Partnerschaft bilden, die dann die anderen Bereiche, die soziale Nachhaltigkeit, überhaupt den ganzen Umweltschutz stärker noch in den Vordergrund bringt.



domradio.de: Mit Ihrer Initiative sind Sie auf der Linie Ihres grünen Ministerpräsidenten Kretschmann, haben Sie von ihm lobende Worte für Ihre grüne Initiative bekommen?

Bischof Fürst: Nun ich kenne den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg schon lange. Seit ich Akademiedirektor war, haben wir uns oft schon über diese Thematik unterhalten. Aber es ist nicht so, dass ich da auf der Linie des Ministerpräsidenten bin, sondern ich bin da auf der Linie von Papst Benedikt. Er hat in seiner Sozialenzyklika "Caritas in veritate" geschrieben hat, dass wenn wir uns heute für den Frieden und die Gerechtigkeit einsetzen, dann müssen wir insbesondere die Schöpfung bewahren, die Schöpfung schützen, dem Klimawandel begegnen. Er hat das - das mag manche überraschen - in einer wunderbaren Weise durchschaut, dass eben eine unökologische Art mit der Welt umzugehen, schlussendlich uns selbst in große Probleme begibt und dass wir unserem eigenen Auftrag, dem Schöpfungsauftrag, da nicht gerecht werden. Wenn sie so wollen, ist das eine Initiative, die auch ganz in der Spur des Lehramts der katholischen Kirche durch Papst Benedikt vorgegeben, sich bewegt.



Das Interview führte Christian Schlegel



Hintergrund

Bei seiner fünftägigen Reise besuchte Bischof Gebhard Fürst bis Mittwoch den indischen Bundesstaat Kerala. Auf Einladung der Regionalen Bischofskonferenz von Kerala hielt er vor 30 Bischöfen und 100 Theologen einen Vortrag über Klimaschutz und Nachhaltigkeit und stellte die Klima-Initiative der Diözese Rottenburg-Stuttgart vor. Der Auftrag der Kirche zur Bewahrung der Schöpfung sei die Folge des Glaubens an den Schöpfergott, betonte der Bischof in seinem Vortrag.



"Wir können nicht an Gott als Schöpfer glauben und zugleich seine Schöpfung, unsere Mitwelt, die Natur, die Umwelt, das Klima zugrunde richten", so der Bischof. Angesichts einer so noch nie da gewesenen globalen ökologischen Krise sei aktiver Klimaschutz ein dringendes Gebot.



Das 2007 von ihm initiierte Klimaschutzprogramm seiner Diözese fördere die Nutzung und Erzeugung erneuerbarer Energien, Ressourceneinsparung sowie Bewusstseinsbildung und Motivation. Wichtig dabei sei weltweite Solidarität. Bewohner von Armutsregionen seien besonders katastrophal vom Klimawandel betroffen. So solle die Klima-Initiative Schwesterkirchen weltweit unterstützen, selbst erneuerbare Energien zu nutzen.



Zum Abschluss seiner Indienreise besuchte Bischof Fürst das Zentrum für erneuerbare Energien "Mithradam", um dort Möglichkeiten verstärkter Kooperation mit einem für das oberschwäbische Kloster Heiligkreuztal geplanten Nachhaltigkeitszentrum zu sondieren. Bei seinem Besuch 2010 in Kerala hatte Bischof Fürst bereits Mithradam besucht und die Einladung erhalten, der Bischofskonferenz von Kerala die Rottenburg-Stuttgarter Klima-Initiative vorzustellen.