Forderungen nach einem eigenen Diakonat für Frauen

Wie eine Mogelpackung

Sollten Frauen ein eigenes Diakonat in der katholischen Kirche bekommen? Die Debatte darüber ist in Deutschland neu entflammt. Der Dogmatiker Helmut Hoping glaubt, dass diese Idee am Ende nur zu Unzufriedenheit auf allen Seiten führt.

Junge Frau auf einer Kirchenbank im Gebet / © Anna Nass (shutterstock)
Junge Frau auf einer Kirchenbank im Gebet / © Anna Nass ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Frauen können nach der katholischen Lehre keine Priester werden – das stellte Papst Johannes Paul II. 1994 in seinem Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" letztmalig klar – warum dürfen sie denn keine Diakoninnen werden?

Prof. Helmut Hoping (Professor für Dogmatik an der Universität Freiburg): Das hängt mit der Einheit des Weihesakramentes zusammen, also Bischofsamt, Priesteramt und Amt des Diakons. Von Bischöfen, Presbytern und Diakonen ist schon in den Pastoralbriefen des Neuen Testaments die Rede. Ihre Einheit als geweihte Diener wurde in der Tradition schon bald mit dem Gedanken einer besonderen Gleichförmigkeit mit Jesus Christus, dem Hohepriester, verbunden. Zunächst wurde der Dienst des Bischofs als priesterlicher Dienst verstanden, später auch der des Presbyters und Diakons. Dass der Diakon durch Handauflegung und Gebet geweiht wird, wurde z.B. damit begründet, dass er bei der Feier der Eucharistie Dienst am Altar tut, also durch seine priesterliche Assistenz.

Als Papst Johannes Paul II. 1994 mit seinem Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" definitiv die Priesterweihe für Frauen ausschloss, sprach er nicht explizit vom Diakonat. Doch im Pontifikat von Benedikt XVI. haben die Glaubens- und die Kleruskongregation deutlich gemacht, dass auch der Diakonat, der Teil des Weihesakraments ist, nicht für Frauen zugänglich ist.

DOMRADIO.DE: Der Augsburger Bischof Bertram Meier sprach sich jetzt für ein Diakonat von Frauen als eigenes Amt in der katholischen Kirche aus. Ähnliches hat schon 2013 Kurienkardinal Walter Kasper vorgeschlagen. Wäre das die Lösung des Problems?

Hoping: Der Vorschlag von Bischof Meier ist sehr offen, es ist nicht ganz klar, wie der weibliche Diakonat konkret aussehen soll. Ich vermute aber, dass Meiers Vorschlag in die gleiche Richtung geht, wie der von Kardinal Kasper, der 2013 bei einem Studientag der Deutschen Bischofskonferenz einen spezifischen Diakonat der Frau außerhalb des Weihesakraments im Sinne einer Sakramentalie ins Spiel brachte.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diejenigen, die eine Öffnung des Weihesakraments für Frauen fordern – wie etwa die Bewegung Maria 2.0 und auch Teile des Synodalen Weges – der Idee eines spezifischen Diakonates außerhalb des Ordo etwas abgewinnen können.

DOMRADIO.DE: Aber zu einer solchen Öffnung wird es auch unter Papst Franziskus nicht kommen?

Hoping: Nein. Was den sakramentalen Diakonat betrifft, so definiert er sich auch nicht durch einzelne Kompetenzen oder Aufgaben, sondern durch die in der Weihe begründete Gleichförmigkeit des Diakons mit Jesus Christus, dem Hohepriester (Lumen gentium Nr. 41), sofern er sich zum Diener aller gemacht hat. In dem Moment, wo man den sakramentalen Diakonat für die Frauen öffnen würde, wäre "Ordinatio Sacerdotalis" in seiner definitiven Verbindlichkeit Makulatur.

Zwar hat Papst Franziskus zwei Kommissionen zu dem Thema einberufen. Doch die erste hat sich mit der Geschichte des Diakonats der Frau bzw. des Diakonissenamtes beschäftigt und im Wesentlichen die Ergebnisse der historischen Forschung bestätigt, die auf einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Diakonat und dem Amt der Diakonissen hinweisen. Ein Bericht der neuen Kommission liegt noch nicht vor. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die zweite Kommission eine Öffnung des sakramentalen Diakonats für Frauen vorschlagen wird. In seinem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben "Querida Amazonia" hat Papst Franziskus auch bekräftigt, dass die sakramentalen Weihen, und diese sind Episkopat, Presbyterat und Diakonat, nicht für Frauen geöffnet werden können.

DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie dann die Idee eines Diakonats der Frau außerhalb des Weihesakraments? Wäre sie nicht wenigstens eine Kompromisslösung?

Hoping: Auf weltkirchlicher Ebene – beispielsweise in Asien oder Teilen Lateinamerikas – könnte der Vorschlag von Kasper und Meier Attraktivität entfalten. Hierzulande findet er kaum Resonanz. Schon 2013 ist er in der DBK auf Skepsis gestoßen, in der theologischen Diskussion ist er bislang kaum aufgegriffen worden. Maria 2.0. und große Teil des Synodalen Weges verfolgen auch ein ganz anderes Ziel, nämlich die Öffnung des Weihesakraments in allen drei Stufen, was die Möglichkeit einer Frau als Päpstin einschließt.

Man muss sich auch fragen, was einen spezifisch weiblichen Diakonat außerhalb des Weihesakraments von anderen Diensten, wie den Pastoral- oder Gemeindereferentinnen unterscheiden soll. Und wenn die Dienste von Diakoninnen, die nicht geweiht sind, am Ende identisch sind mit denen geweihter Diakone im Bereich der Liturgie, der Verkündigung oder der Diakonie, wäre das nichts anderes als eine Art Mogelpackung.

Ich vermute aber, dass es dazu nicht kommen wird, sondern dass man vielleicht im Bereich der Verkündigung Schritte gehen wird. So wird diskutiert, ob man bestimmte liturgische Vollmachten, die derzeit noch an die Weihe gebunden sind, etwa die Predigt in der Messe, für Frauen öffnet. Allerdings gibt es hier den durchaus gewichtigen Einwand, dass damit die Einheit von amtlichem Verkündigungs- und Altardienst, die bei Priestern und Diakonen gegeben ist, aufgelöst würde. Dies zeigt, wie schwierig die Sache ist.

Das Interview führte Ina Rottscheidt.

 

Prof. Helmut Hoping / © Universität Freiburg
Prof. Helmut Hoping / © Universität Freiburg
Quelle:
DR