Pfarrer Hose zu seiner Idee des Priesteramtes auf Zeit

"Ich will nichts kaputtmachen, aber ich will auch nichts retten"

Seine Forderung, über das Priesteramt auf Zeit nachzudenken, schlug Wellen. Im Interview erläutert Hochschulpfarrer Burkhard Hose seine Idee. Ein schlüssiges Pastoralkonzept habe er zwar nicht, aber das sei im ersten Schritt auch zweitrangig.

Priester auf Zeit? / © Aaron Amat (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie haben das Buch mit dem Titel "Warum wir aufhören sollten, die Kirche zu retten – Für eine neue Vision von Christsein" geschrieben. Darin schlagen Sie unter anderem vor, über das Priesteramt auf Zeit nachzudenken. Warum sollten wir denn eigentlich aufhören, die Kirche zu retten?

Burkhard Hose (Würzburger katholischer Hochschulpfarrer): Weil es um mehr geht. Es geht mir nämlich darum, dass die Botschaft Jesu und das Reich Gottes, das im Mittelpunkt seiner Botschaft steht, neu an Relevanz gewinnen und auch sichtbar werden. Das heißt, Relevanz für die Gesellschaft, für die Themen, die uns heute umtreiben. Nicht die Kirche ist das Ziel der Verkündigung, sondern die Botschaft Jesu.

Deswegen möchte ich auch nicht kirchliche Strukturen, die veraltet oder vielleicht auch kaputt sind, retten. Ich will nichts kaputtmachen, aber ich will auch nichts retten.

DOMRADIO.DE: Es passiert gerade viel in der katholischen Kirche. In Deutschland begibt man sich auf den "Synodalen Weg". Es existieren die Bemühungen der Initiative Maria 2.0. Im Vatikan findet die Amazonas-Synode statt. Sind das Wege in die richtige Richtung?

Hose: Auf jeden Fall. Ich finde momentan schon, dass es ein Mehr an Diskussionen gibt. Es gibt ja auch kontroverse Diskussionen um Veranstaltungen, die Maria 2.0 macht. Es ist ja nicht so, dass wir alle wüssten, wo der Weg endet. Aber es ist wichtig, dass wir uns auf diesen Weg machen und diskutieren.

Ich hoffe nur, dass Prozesse wie der "Synodale Weg" nicht zu neuen Frustrationen führen. Das können wir uns, glaube ich, nach der Erfahrung der letzten Jahre nicht mehr erlauben. Nach den ersten Missbrauchsfällen im Jahr 2010 haben sich Menschen gedacht, dass sich etwas ändert. Wenn wir jetzt nochmal einen Anlauf starten und es verändert sich wieder nichts, dann werden vermutlich wirklich Menschen endgültig der Kirche den Rücken kehren.

DOMRADIO.DE: Besteht nicht die Gefahr, wenn Sie Ideen wie Priestertum auf Zeit oder Frauenweihe ins Spiel bringen, dass Gräben in der katholischen Kirche noch vertieft werden?

Hose: Natürlich besteht diese Gefahr immer. Ich glaube allerdings, dass wir in der Kirche lange eher einen Fehler gemacht haben und das auch immer noch tun, wenn wir sehr schnell von Einheit sprechen und davon, sich nicht aufspalten zu dürfen.

Ich glaube, wir sollten erst einmal unterschiedliche Positionen formulieren und ausdiskutieren. Wir sollten keine Denkverbote erteilen. Das bezieht sich auch auf Ämter in der Kirche und die vielleicht für manche schwer vorstellbaren Änderungsvorschläge, die ich da mache. Aber es ist doch wichtig, dass man einfach mal das Denken anfängt.

Mir geht es vor allem darum - gerade bei den Vorschlägen rund ums Amt - die richtigen Schlüsse aus der Missbrauchsstudie zu ziehen. Das heißt auch, Macht zu begrenzen, die sich mit dem Amt verbindet.

DOMRADIO.DE: Würde sich denn dadurch signifikant etwas ändern? Gäbe es weniger Missbrauch, wenn Priester und Bischöfe zeitlich begrenzt ihre Ämter ausüben?

Hose: Ich glaube schon, weil sich das Amtsverständnis ändern würde. Das heißt, dieses sehr hoch gehängte, fast magische Verständnis dieser "heiligen Männer", was bei vielen noch in den Köpfen drin ist, würde sich ändern, wenn die Zeit und damit auch der Anspruch sowie das Gefälle zwischen Priestern und Menschen, die dann Opfer des Missbrauchs werden, begrenzt werden.

DOMRADIO.DE: Ein Kritikpunkt an Ihrem Vorschlag des Priestertums auf Zeit ist die Frage der Weihe. Wenn jemand zum Priester geweiht ist, dann bleibt er Priester. Wie bringen Sie das in Einklang mit Ihrer Idee?

Hose: Wichtig ist mir etwas, was wir in der Kirche die "apostolische Sukzession" nennen, dass es also so etwas wie eine Anbindung an die Anfänge, an die Apostel gibt. Das läuft ja im katholischen Amtsverständnis über die Weihe und widerspricht in meinen Augen noch nicht unbedingt der Vorstellung von der begrenzten Zeit des Amtes.

Warum kann nicht jemand sagen: "Ich bin zum Priester geweiht worden, bleibe das auch, aber ich führe die Funktion oder das Amt nicht mehr aus". Ich glaube, da muss man ein neues Denken anfangen und nicht von vornherein sagen: "Es geht nicht. Das wirft die ganze Kirche um".

Ich gebe auch zu, dass meine Gedanken, meine Fragen kein durchgängig schlüssiges Pastoralkonzept ergeben. Ich schreibe auch keine neue Amtstheologie, sondern ich stelle Fragen und fange das Überlegen an. Ich freue mich, wenn andere auch kontrovers mit mir diskutieren.

DOMRADIO.DE: Im Vatikan findet zurzeit die Amazonas-Synode statt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es danach Ausnahmen für den Zölibat geben wird. Denken Sie, das würde die Kirche einen Schritt weiterbringen?

Hose: Ich denke, das wäre ein wichtiges Signal. Es wäre ein Signal, das von einer großen Region ausgehen würde. Beim Amazonasgebiet spielen da noch viele andere Dinge mit, wie beispielsweise die Frage nach den Klimaveränderungen oder die Frage der Rechte der indigenen Bevölkerung. Vor diesen Vorzeichen steht die Frage, wie die Pastoral unter diesen Umständen laufen kann.

Es würde doch zeigen, dass sich ein Teil unserer Großkirche unter diesen speziellen Vorzeichen für einen Weg entscheidet, der etwas Neues aufmacht und einen Zugang zu den Ämtern öffnet. Warum sollen wir nicht unter den Bedingungen, die uns hier speziell in Deutschland ausmachen, auch das Nachdenken anfangen und uns fragen, ob es vielleicht auch Strukturreformen benötigt.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Burkhard Hose im Portrait / © Angela Krumpen (ak)
Burkhard Hose im Portrait / © Angela Krumpen ( ak )
Quelle:
DR