Bischof Ackermann zu wiederverheirateten Geschiedenen

"Mich bedrängt das Problem wirklich"

Der Umgang der Kirche mit Katholiken in zweiter Ehe wird bis Samstag im Forum "Geschieden - Wiederverheiratet" im Bistum Trier debattiert. Bischof Stephan Ackermann spricht im domradio.de-Interview über überzogene Erwartungen und reale Chancen.

Bischof Stephan Ackermann in seinem Ornat (Bistum Trier)
Bischof Stephan Ackermann in seinem Ornat / ( Bistum Trier )

domradio.de: Herr Bischof, wie sehen Sie persönlich die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen?

Bischof Ackermann: Je intensiver ich mich mit der Frage beschäftige, umso mehr entdecke ich, wie komplex und dornig das Problem wirklich ist. Es ist schwierig, richtige Abwägungen zu finden zwischen dem klaren Bekenntnis zur Unauflöslichkeit der Ehe und der Vielfalt der verschiedenen Lebenssituationen. Unter Berücksichtigung der theologischen, pastoralen und rechtlichen Fragen. Mit holzschnittartigen Antworten schematischer Art kommen wir nicht gut weiter.

domradio.de: Was kann das Forum bringen?

Bischof Ackermann: Das Forum soll die Gelegenheit geben, sich mit dieser Thematik intensiv zu beschäftigen. Die Diskussion in der Öffentlichkeit leidet ja darunter, dass immer nur zugespitzt wird auf die Frage: Zur Kommunion zugelassen, ja oder nein. Es wird oft sehr plakativ von einer Diskriminierung der wiederverheirateten Geschiedenen gesprochen. Ich verstehe, dass es dieses Gefühl gibt, aber mit diesen zugespitzten Formulierungen und einem plakativen Schlagabtausch kommen wir nicht weiter. Ich verspreche mir von dem Forum, dass wir mit Zeit und Offenheit tiefer in die Materie einsteigen können.

Forums-Bilanz Bischof Ackermann: Fachleute, Betroffene und SeelsorgerInnen haben mit großem Respekt aufeinander gehört. #syntr (StW)

— Bistum Trier (@bistum_trier) 14. Juni 2014

domradio.de: Könnte ein Signal aus Trier gesendet werden an die Bischofssynode in Rom im Herbst zum Thema Familie?

Bischof Ackermann: Das Signal heißt erst mal ganz schlicht: Hier wird ein Raum eröffnet für ein offenes Gespräch zum Thema in einem breiteren Rahmen.

domradio.de: Die Freiburger Handreichung zum Thema wurde ja von Kardinal Müller in Rom abgelehnt. Wie groß ist ihre Hoffnung, dass sich trotzdem etwas ändern könnte?

Bischof Ackermann: Mich bedrängt das Problem wirklich. Wir können die Situation nicht so belassen. Sonst gibt für die betroffenen Menschen keine Möglichkeit für Versöhnung und Neuanfang, wenn sie nicht in neue schuldhafte Verstrickungen hineinkommen wollen. Insofern müssen wir uns wirklich intensiv mit der Frage auseinandersetzen. Kardinal Müller warnt vor Signalen, die die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage stellen. Das ist auch seine Aufgabe. Es braucht ein gutes, geschwisterliches Ringen um der Personen und um der Sache willen. Der Papst hat die Richtung vorgegeben, indem er als Ziel der Synode angab, Lösungen zu finden, die Menschen in dieser Situation helfen. Diesen Menschen gar nichts anbieten zu können, kann mich als Seelsorger nicht ruhig lassen.

domradio.de: Haben Sie den Eindruck, dass man in Deutschland zu hohe Erwartungen an den Papst und an die Synode hat?

Bischof Ackermann: Das glaube ich schon. Sein Stil und seine Signale verstärken natürlich die Erwartungen, dass es nicht beim Status Quo bleibt. Nüchtern und realistisch muss man sehen: Im Herbst geht es erstmal um die Bestandsaufnahme der Wirklichkeit in der Weltkirche. Dafür wurde in den Ortskirchen die Umfrage zum Thema Familie durchgeführt. Doch wie geht es dann weiter? Ich befürchte, dass es Enttäuschungen gibt, wenn es nicht zu schnellen Lösungen kommt. Das Wagnis geht der Papst mit innerer Freiheit des Glaubens ein.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR