Ein Kommentar zur Kölner Kircheninitiative

Meinen Bischof wähle ich selber?

Die "Kölner Kircheninitiative" fordert, die Katholiken im Erzbistum Köln an der Wahl eines Nachfolgers von Kardinal Joachim Meisner zu beteiligen. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen sieht den Vorstoß skeptisch.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Advent – eine ruhige Zeit der Stille und Muße? Eine Zeit der Vorbereitung auf die Erscheinung des Herrn? Im Kölner Advent 2013 tobt nicht nur rund um den Dom das volle Leben – Jubel, Trubel, Heiterkeit. Auch in der Kölner Medienwelt – und nicht nur da geht es schon wieder heftig rund.

Nachdem in der vergangenen Woche sechs Katholiken mit großem Trara und wenig stilvoll mit dem Kölner Kardinal abrechneten, indem sie mit einem Anforderungsprofil an den Meisner-Nachfolger an die Öffentlichkeit gingen, startete in dieser Woche eine „Kölner-Kircheninitiative“. Das erklärte Ziel: Kommunikation und Einbeziehung aller Gläubigen in den innerkirchlichen Entscheidungsprozess bei der Wahl des neuen Kölner Erzbischofs. Auf gut deutsch: Meinen Bischof wähle ich lieber selber! Die Initiative betont, sie wolle nicht Kardinal Meisner kritisieren. Es gehe ihr ausschließlich darum, dass künftige Wahlverfahren „eine breite Mitwirkung der Kölner Katholiken“ erlauben sollen. Man hat einen offenen Brief an das Kölner Domkapitel und an den Heiligen Vater geschrieben. Von Papst Franziskus fühle man sich in diesem Anliegen gestärkt, so ist es im Brief selber nachzulesen. Die Medien griffen diese Meldungen begierig auf, und gerade im Internet wird seitdem heftig über das Für und Wider gestritten.

Ruhige und besinnliche Zeiten sehen anders aus. Aber halten wir mal folgende Punkte fest: Der Kölner Erzbischof hat zwar dem Papst seinen Rücktritt angeboten, ist aber noch in Amt und Würden. Ob es guter Stil ist, noch bevor der Papst einen altgedienten Kardinal verabschiedet, laut und breit über die Neuwahl zu diskutieren, darf man zumindest mal fragen. Dann gibt es in der katholischen Kirche gerade für die Wahl von Bischöfen festgelegte Regeln. In Köln wurden die sogar eigens nachgebessert, um unnötigen Ärger wie bei der letzten Wahl von vornherein zu vermeiden. Ob es da gut und notwendig ist, kurzfristig das Wahlverfahren erneut zu verändern? Und dann beten Christen seit zwei Jahrtausenden immer wieder um einen guten neuen Pfarrer, Bischof oder Papst. So schlechte Erfahrungen haben sie dabei nicht gemacht.

Ja – in der Urkirche wählte die Gemeinde ihren Bischof selbst. Ja – Papst Franziskus will Verantwortung und Entscheidungen nicht immer nur einsam im Vatikan treffen. Aber Papst und Domkapitel sitzen doch, selbst wenn die Auswahl und Wahl Gott sei Dank geheim ist, nicht einsam hinter verschlossenen Mauern und treffen völlig isoliert einsame Entscheidungen! Der Papst steht mehr mitten im Leben, als das seinen Leibwächtern und manchem Kurienkardinal lieb ist, und auch die 15 Mitglieder des Kölner Domkapitels sind permanent im Gespräch und Dialog auf allen Ebenen und an allen Orten im Kölner Erzbistum. Es mag wenig transparent sein – aber glaubt wirklich jemand, den Domkapitularen wäre noch gar nichts „geflüstert“ worden? Zumindest diejenigen unter den fast zwei Millionen Gläubigen im Erzbistum Köln, denen die Zukunft ihrer Kirche nicht egal ist, sondern am Herzen liegt, dürften ihr Votum bereits abgegeben haben. Nicht via Abstimmung im Internet – sondern auf die bewährte direkt-indirekte Art. Man darf ruhig darauf bauen, dass gerade am Rhein „kölsche Netzwerke“ und Drähte ganz gut funktionieren.

Ja – die Kirche kann sich perspektivisch ruhig mehr Mitbestimmung leisten. Ja – die Kirche darf in Zukunft auch ruhig mehr Demokratie wagen. Aber in der Kirche darf man vor allem auch vertrauen. Ich vertraue den Domkapitularen und bin mir ganz sicher, dass sie die Stimmungen und Stimmen der Christen am Rhein ganz gut einschätzen. Und ich vertraue dem Papst und bin mir sicher, dass Papst und Domkapitel, wenn die Zeit gekommen ist, eine gute Wahl treffen werden.

Darüber hinaus gibt es für uns Christen noch eine weitere Versicherung: Gerade das letzte Konklave in Rom hat doch wieder gezeigt, dass auf den Heiligen Geist immer dann Verlass ist, wenn man ihn braucht! Insofern sollten wir vielleicht doch erst einmal ganz in Ruhe die nächste Kerze am Adventskranz anzünden und ein kräftiges Gebet zum Himmel schicken: Vielleicht auch für alle, die auf dem Stuhl des Erzbischofs von Köln saßen, sitzen oder irgendwann einmal noch sitzen werden.