Papst Franziskus spricht erneut schwierige Themen an

Rolle der Frau & Homosexualität

Papst Franziskus hat sich erneut zu umstrittenden Themen in der katholischen Kirche geäußert. In einem Interview kündigte er größere Mitspracherechte für Frauen an und wandte sich gegen eine moralische Verurteilung von Homosexuellen.

Papst Franziskus (dpa)
Papst Franziskus / ( dpa )

Papst Franziskus hat größere Mitspracherechte für Frauen in der katholischen Kirche gefordert. "Die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche müssen weiter werden", sagte er in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview.

Die katholische Kirche stehe heute vor der Herausforderung, über den "spezifischen Platz der Frau" nachzudenken. Das gelte "gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird", so Franziskus in dem Gespräch, das auf der Internetseite der deutschen Jesuiten-Zeitschrift "Stimmen der Zeit" veröffentlicht wurde.

Der Papst deutete an, dass eine größere Rolle von Frauen nicht automatisch einen Zugang zu Weiheämtern bedeute. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass Frauen eine andere Persönlichkeitsstruktur hätten als Männer. Wörtlich warnte er vor einer "Männlichkeit im Rock". Die Gottesmutter Maria etwa sei zwar wichtiger als einzelne Bischöfe, erläuterte Franziskus. Man dürfe aber nicht Funktion und amtliche Würden verwechseln. Der Papst rief abermals dazu auf, eine "gründliche Theologie der Frau" zu erarbeiten, um die Funktion der Frau innerhalb der katholischen Kirche weiter zu klären.

Homosexualität: Keine Einmischung in persönliches Leben

Im selben Interview hat sich Franziskus gegen eine moralische Verurteilung von Homosexuellen in der katholischen Kirche gewandt. In seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires habe er Briefe von Homosexuellen bekommen, die sich von der Kirche verurteilt fühlten, sagte der Heilige Vater.  "Aber das will die Kirche nicht", so Franziskus. Es dürfe keine "spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben".

Die Religion habe zwar das Recht, "die eigene Überzeugung im Dienst am Menschen auszudrücken"; Gott habe die Menschen in der Schöpfung jedoch "frei" gemacht, sagte Franziskus in dem Gespräch. Zugleich bekräftigte der Papst seine Treue zur Morallehre der katholischen Kirche: Ihre Ansichten seien hinreichend bekannt, "und ich bin ein Sohn der Kirche", sagte er. Man müsse "nicht endlos davon sprechen". Franziskus warnte vor einer einseitigen Fixierung auf moralische Fragen: "Wir können uns nicht nur mit der Frage um Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden." Die katholische Kirche müsse sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren; dies sei die Glaubensverkündigung.

Diese müsse in ein "neues Gleichgewicht" mit den Äußerungen zu moralischen Fragen gebracht werden. Andernfalls falle auch "das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen". Wenn man aber über diese Themen spreche, dann müsse stets der Kontext berücksichtigt werden.

Franziskus wies darauf hin, dass er mit seiner Äußerung zu Homosexualität während des Rückflugs vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro Ende Juli lediglich bekräftigt habe, was im Katechismus stehe. Damals hatte Franziskus mit der Aussage Aufsehen hervorgerufen, dass er eine homosexuelle Person, die guten Willens sei und Gott suche, nicht verurteilen könne.

Er sei einmal gefragt worden, ob er Homosexualität billige, berichtete Franziskus in dem Interview weiter. Daraufhin habe er sein Gegenüber gefragt, ob Gott eine homosexuelle Person mit Liebe anschaue oder sie verurteile oder zurückweise. Im Mittelpunkt müsse stets die Person stehen.

Wiederzulassung der Alten Messe war "weise"

Die Wiederzulassung der sogenannten Alten Messe durch seinen Vorgänger Benedikt XVI. wertete Franziskus als "weise". Zugleich warnte vor einer "Ideologisierung" und "Instrumentalisierung" des tridentinischen Ritus. Dies sei "sehr gefährlich", sagte Franziskus. Die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) erfolgte Liturgiereform sei ein "Dienst am Volk" gewesen. Zugleich hob er hervor, dass die von diesem Konzil angestoßenen Reformen "absolut unumkehrbar" seien.

Die Wiederzulassung des alten Ritus durch Benedikt XVI. im Jahr 2007 sei mit der Hilfe von "einigen Personen" verbunden gewesen, die eine "besondere Sensibilität" für die angemessene Anwendung dieses päpstlichen Erlasses gehabt hätten, so Franziskus ohne weitere Ausführungen.

Als tridentinische Messe bezeichnet man den ateinischsprachigen Gottesdienst im alten Ritus, wie er nach dem Konzil von Trient (1545-1563) für die katholische Kirche weltweit vorgeschrieben war.

Diese Messbücher wurden erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil schrittweise durch eine erneuerte Liturgie ersetzt, die in der Regel in der jeweiligen Landessprache gefeiert wird. Latein blieb aber weiterhin erlaubt.

Gegen diese Liturgiereform wandten sich die Traditionalisten um den französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991). Sie hielten die Einführung der Landessprache und die stärkere Einbeziehung der Gemeinde in die Messfeier für verfehlt. Um ihnen entgegenzukommen, gestattete 1984 Papst Johannes Paul II. (1978-2005) die Verwendung der alten, tridentinischen Messe nach dem letzten vorkonziliaren
Messbuch von 1962 unter strengen Auflagen. Dennoch überwarfen sich Lefebvre und seine engsten Anhänger mit dem Vatikan. 2007 erlaubte Benedikt XVI. (2005-2013), dass künftig wieder öfter Gottesdienste in der Kirchensprache Latein nach dem tridentinischen Ritus von 1962 gefeiert werden dürfen.

Vatikanbehörden sind keine "Zensurstellen"

Weiterhin sprach sich Franziskus für eine stärkere Stellung der Bischofskonferenzen gegenüber dem Vatikan aus. Es sei "eindrucksvoll", die Anklagen wegen angeblicher Mängel an Rechtgläubigkeit zu sehen, die in Rom einträfen, sagte der Papst. Kurienbehörden dürften aber keine "Zensurstellen" sein. Solche Fälle würden "besser an Ort und Stelle" von den jeweiligen Bischofskonferenzen untersucht.

Der Vatikan könne sich dabei auf eine Hilfestellung beschränken. Die vatikanischen Stellen seien "Einrichtungen des Dienstes" und "nicht autonom", hob Franziskus hervor. Sie müssten als Vermittler auftreten und den Ortskirchen oder den Bischofskonferenzen helfen.


Quelle:
KNA , DR